Meinungen und Regierungsweise des Königs. 301
Hauptpuncte, auf die es ankomme 1). Eine Kabinetsregierung, zu
deren Ausführung aber eben so viel Anspannung des Geistes wie
Talent gehören. Friedrich besaß das letztere in einer seltenen Viel-
seitigkeit. Wie er nach schriftstellerischer Vollendung strebte, so sahen
wir ihn die obersten Gesichtspunkte für die Einrichtung der Justiz
fassen, die Verwaltung bis in das geringste Detail des Rechnungs-
wesens beaufsichtigen; neue Manöver für seine Feldübungen ersinnen;:
nicht ohne Nutzen besucht er Spitäler, denn schon sein Vater hat ihn
viel dahin geschickt, so daß er sich eine Kenntniß von Chirurgie ver-
schafft hat; er giebt Verbesserungen der Manufacturen im Einzelnen
an, und macht selber die Pläne zu seinen Bauwerken.
Zu dieser Mannichfaltigkeit der Befähigung kam nun aber ein-
gehende Rücksicht auf die vorgelegten Gründe, der ernste Wille, die
Sache recht zu machen.
Nicht alles ward auf der Stelle, beim ersten Vortrag entschieden.
Wenn die Cabinetsräthe nach demselben sich entfernt hatten, griff
Friedrich zu seiner Flöte; doch war seine Seele weniger beim Spiel,
in das sie nur ihre Stimmung hauchte, als bei den Angelegenheiten;
ganz mit sich selber allein überlegte er die schwierigen Fragen, und
gab seine Entscheidung wenn sie zurückkamen.
Nicht selten klagen die auswärtigen Gesandten in ihren Be-
richten, daß er sich in den Audienzen unbestimmt und sogar furcht-
sam ausgedrückt habe 2); seine Entschließungen wurden in der Tiefe
seines Gemüthes gefaßt und standen ihm dann auf immer fest.
Auch darüber beschweren sich die Gesandten häufig, daß er alles
allein thun wolle, und sie von Niemand sonst beschieden werden
können. Die auswärtigen Angelegenheiten seien unter zwei Minister
vertheilt, und keiner von beiden kenne sie alle; ein geheimer Rath,
der vielleicht eine allgemeine Uebersicht habe, wage doch nie, zu dem
1) Les ministres exposent le pour et le contre dans les cas liuigieur
ou difüciles, ce qui met le souverain en état de prendre son parti du
Premier coup d’uil, pourvu qu’il se donne la peine de lire ct de bien
entendre T’affaire proposée; un esprit juste saisit avec facilité le point
capital d'une qucstion. Cette methode d’expédier les affaires est pré-
férable à P’usage des conseils qu’on pratique ailleurs par ce que ce
U’est pas des grands conseils que résultent des avis sages.
2) Tyrconnel, 1751, bezeichnet ihn — wer sollte es glauben — als
homme du monde le plus timide, le plus indéecis, et qui a le moins de
courage d’esprit; 1 est naturellement paresscux et déteste tout ce qui
##appelle art militsire.