Säcularisationsprojecte. 33
sation, die bisher Deutschland in zwei entgegengesetzte Hälften theilte,
welche sich durch Sitte, Sinnesweise, Literatur und Gelehrsamkeit
unterschieden, hatte keine Bedeutung mehr, seitdem eine Erneuerung
von Kämpfen, welche die eine oder die andere Partei hätten unter-
drücken können, nicht weiter zu erwarten war, vielmehr der mächtigste
protestantische Staat, in natürlicher Entwickelung, sich zur Aufgabe
machte, den Katholiken allen erwünschten Schutz zu gewähren. In
dem sechszehnten Jahrhundert war die Absicht gewesen, die Stifter
in weltliche Wahlfürstenthümer zu verwandeln, damit nicht die Noth-
wendigkeit der Selbstvertheidigung ein Hinderniß gegen den Fortschritt
des Protestantismus bilde, und die geistliche Befugniß davon abzu-
sondern; jetzt erhob sich hauptsächlich an den katholischen Höfen der
Gedanke, diese Trennung des Weltlichen und des Geistlichen, aber in
anderem Sinne, durchzuführen, die Territorien einzuziehen, das Bis-
thum mit seinen Befugnissen aufrecht zu erhalten. Es steht dahin,
ob und wie sich dies ausführen ließ; doch wäre ein Versuch der
Mühe werth gewesen. Denn einmal hätte man nicht so vollkommen
mit der Vergangenheit gebrochen, wie das später geschehen ist; es
hätte Uebergänge der Entwickelung aus dem alten Reiche in einen
neuen Zustand gegeben; soviel wir die vorherrschenden Ideen über-
sehen können, würde man die Formen des Reiches bei weitem mehr
geschont haben. Eine Aufhebung der geistlichen Churlande lag noch
außer aller Berechnunge; Würzburg und Bamberg hätten sich wahr-
scheinlich erhalten; die Reichsstandschaft der Bisthümer wäre durch die
Säcularisation des Gebietes diesmal nicht unterdrückt worden. Ein
nicht geringerer Vortheil hätte sodann darin bestanden, daß die Um-
wandlung eine eigentlich deutsche Angelegenheit geblieben wäre. Frank-
reich hätte daran so gut wie keinen Antheil gehabt, denn eben das
war das nächste Ziel, das damalige Kaiserthum von dieser Macht
loszuwinden; auch Rußland nicht, welches diesen Dingen in ihrem
Zusammenhange noch fern stand:; Alles hätte von einer Vereinbarung
zwischen den vorwaltenden deutschen Mächten abgehangen; wie Fried-
rich 11 sagte!), wenn die Höfe von Wien, Berlin, Frankfurt und Lon-
don einig seien, würde keine Macht der Welt sie abhalten, die Sache
zu vollziehen. An dem Londoner Hofe fielen die deutschen Interessen
mit den englischen zusammen. Lord Carteret sagte, als Engländer
1) 5 May. Aussitot que I’empereur et moi nous serons d’accord
avec les cours de Londres et de Vienne et due S. M. Impt’ ne mandue
pas à Elle memc, on fera la chose et on laissera crier les bigots-
v. Nanke's Werle XIXIX. 3