Verhältniß zu den nordischen Mächten. 83
war harmloser und gesunder; an dieser bemerkte man lebhaftere Be-
weglichkeit, eine gewisse Neigung zur Intrigue. Die Schweden, denen
er das nur andeuten, nicht entwickeln konnte, hielten es jedoch fast
für eine Ehrensache, daß die ältere Schwester, Ulrike, mit ihrem
Thronerben vermählt würde. Und so bewilligte sie ihnen der König:
die jüngere, deren Hoffnung er schon erregt hatte, wußte er mit
brüderlicher Zärtlichkeit zu beruhigen. Im Juni 1744 erschien der
Graf Tessin, um mit aller gewohnten Feierlichkeit die Anwerbung zu
thun, auf welche dann die Vermählung folgte.
Friedrich war weit entfernt, politische Dinge von Vermählungs-
Angelegenheiten abhängig zu machen; aber für ganz bedeutungslos
hielt er sie nicht. Denn eine wohlerzogene Prinzessin, sagt er einmal,
sei doch unfähig, ihr Vaterland zu vergessen und demselben schlechte
Dienste zu leisten; fremde an ihrer Stelle könnten leicht schädlich
werden.
Das war ihm auch bei diesen Verbindungen das wichtigste, daß
eine Ausdehnung des ihm feindseligen Einflusses über Rußland und
Schweden verhindert wurde. Mit vielem Eifer unterhandelte man
über eine Tripelallianz zwischen Rußland, Preußen und Schweden,
von der sich nicht erwarten ließ, daß sie auf die westlichen Verhält-
nisse großen Einfluß gewinnen werde; für Friedrich war es schon
genug, wenn sie nur dazu beitrug, daß er vom Osten her nichts zu
fürchten hatte und mit voller Freiheit nach andern Seiten in die
allgemeinen Angelegenheiten eingreifen konnte.
Wir wenden mit ihm unser Augenmerk auf Paris und Versailles.
Wie die Politik keinen Schritt thun kann ohne Rücksicht auf die
benachbarten Mächte, so wäre auch, wenn man versäumen wollte, sich
deren Zustand und Verhältniß zu vergegenwärtigen, keine geschichtliche
Anschauung möglich.
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