Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Verhälmiß zu Frankreich. 85 
Einverständniß miteinander; die einmal eingeleiteten Geschäfte brach- 
ten es mit sich, daß sie die Gesichtspunkte des Cardinals festhielten. 
Der Unterschied bestand darin, daß sie noch unabhängiger wurden 
und dessen zusammenhaltende Hand vermissen ließen. 
Im Sommer 1743 erregte ein Antrag vieles Aufsehen, den ein 
französischer Beamter aus Straßburg dem Kurfürsten von Mainz vor- 
gelegt haben sollte, nach welchem Frankreich, wenn man den Kaiser in 
sein Erbland herstellte, bereit wäre, gemeinschaftliche Sache mit der 
Königin zu machen, um ihr Schlesien wiederzuverschaffen. Daß der An- 
trag gethan worden ist, läßt sich nicht bezweifeln; man kann nur sehen, 
auf wessen Antrieb und Befehl. Prinz Carl und Graf Khevenhüller 
sind sehr ernstlich zu Rathe gegangen, ob nicht die Königin auf die 
Unterhandlung eingehen sollte, und haben es hauptsächlich deshalb 
verworsen, weil sie eine Hinterlist der französischen Minister ver- 
mutheten #). 
Bald darauf machten diese wirklich den ganz entgegengesetzten 
Versuch, König Friedrich zur Erneuerung des Krieges zu bewegen; 
merkwürdig ist, welches Vermittlers sie sich hiebei bedienten: es war 
Voltaire und der Zusammenhang folgender. 
Auch Voltaire hatte, wenn wir uns dieser Wendung bedienen 
dürfen, den Ehrgeiz gehabt, dem Cardinal Fleury nachzufolgen, näm- 
lich die Stelle desselben in der französischen Akademie einzunehmen. 
Er hoffte, die Akademie würde eine Art von Ruhm darin suchen, 
einen Mann, der die Zügel von Europa in den Händen gehalten, 
durch einen einfachen Gelehrten und Schriftsteller zu ersetzen. Wenn 
wir seine Briefe lesen, so sehen wir, daß seine Seele nach der Haupt- 
stadt, dem Mittelpunkt des französischen Lebens, zurückstrebte, und 
es wäre wohl der Mühe werth gewesen, diesen mächtigen Schrift- 
steller, der für Aeußerlichkeiten nicht unempfänglich war, in denselben 
wiederaufzunehmen; er versäumte nicht, Alles hervorzukehren, was an 
religissen und moralischen Intentionen in ihm war. Allein Rück- 
sichten dieser Art können auf gelehrte Gesellschaften nicht wirken. 
Die geistlichen Herren, die damals in der Akademie saßen, wollten 
einen Mann von so zweifelhafter Religion nicht zu ihrem Collegen 
haben: sie zogen ihm einen Bischof vor. 
weiter von Paris entfernt. Andere waren vorsichtiger, gelangten aber als- 
dann auch zu keiner Wirksamkeit. 
1) Vous ne doutez pas, due ce Hatzel, qui a négocié ou plutct 
bronülé à Mayence, ne soit un téméraire, dui serait puni si vons le 
vouliex. Boltaire an Friedrich bei Beuchot LIV. S. 600.
	        
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