Full text: Königlich-Baierisches Regierungsblatt. 1806. (1)

und ihren Wirkungen auszeichnet, zur 
Schande, wenn sich offenbar zwecklose, und 
selbst schädliche Gebräuche erhalten, welche 
auf älteren irrigen Vorstellungen von jenen 
Wirkungen, oder auf damaliger gänzlicher 
Unwissenheit in Ansehung derselben beruhen. 
Längst schon war man durch häufig er- 
fahrene Unglücksfälle, und durch die Bey- 
spiele solcher Regierungen, welche die Lehren 
der Erfahrung, und die wissenschaftlichen An- 
sichten von Naturgegenständen zum Grunde 
ihrer dahin einschlagenden Verordnungen zu- 
nehmen pflegren, gewöhnt, das Glocken- 
lduten bey Gewittern zu den verrufensten 
sener Gebräuche zu zählen. 
So wenig nun der erwähnte Gebrauch 
irgend einen vernünftigen Zweck wirklich zur 
Absiche har, so unsicher es ist, ob ein solcher 
dabey möglich sey, und so sehr es sich sters 
bewährt har, daß die meisten vom Blitze er- 
schlagenen Personen auf Kirchthürmen, oder 
in deren Rähe getroffen wurden; so streitet 
alles Werterläuten gegen die Gefühle, und 
Begriffe einer wahren Gottesverehrung und 
Frömmigkeit eben so sehr, als gegen die Er- 
fahrung, und die Wissenschaft. 
Bey jenen großen Naturerscheinungen 
kann eine wahrhaft religise Sinnesart nur 
auf stille Anbethung des höchsten Urhebers der 
Natur führen, dessen Macht und Liebe sich 
nie furchtbarer, und segensvoller zugleich dem 
Menschen offenbaren. 
Aus diesen Gründen ist das Glockenläu= 
ten bey Gewittern in den sämmtlichen Erb- 
staaten Seiner Königlichen Majestät schon 
längst durch wiederholte allerhöchste Verord- 
158 
nungen vom r. August r783. — vom 0H. 
und 33. Julius, dann 23. Oktober 17894. — 
vom 8. April 1791. — 4. May 1792. — 
à8 May 1800. — und 17. Julius 1804 
verbothen. — 
Allein noch immer werden diese gemein- 
nübigen Verfügungen nicht pflichtmäßig be- 
obachtet. — Unter dem Vorwande eines 
Zeichens zum Gebethe, welches in den al- 
lerhöchsten Verordnungen — jedoch nur un- 
ter bestimmen Beschränkungen — gestattet 
wurde, erhält sich der vernunstwidrige Ges- 
brauch des Wetterläutens, zum offenbaren, 
Nachtheile des Staates und der Untertha- 
nen, in seinem alten Ansehen. — Im ver- 
flossenen Jahre wurden daher in Oberbaiern 
an verschiedenen Orten achtzehn Personen, 
waͤhrend des Glockenlaͤutens, in den Kirch- 
thuͤrmen vom Blitze erschlagen. — 
Da nun die Regierung diesen Starrsinn 
nicht gleichguͤltig gestatten kann; da das 
bisher geduldete Zeichen zum Gebethe offen- 
bar zur Nahrung des Vorurtheiles miß- 
braucht wird; da das Gewitter selbst die 
mächtigste Auffoderung zur Anbethung, zur 
Ehrfurcht, und zu dankbaren Empfindun- 
gen gegen das höchste Wesen ist, so siehe 
die königliche Landes-Direktion sich verpflich- 
tet, die allerhöchsten General-Verordnun- 
gen hiemit ausdrücklich zu erneuern und zu 
erldutern. — Es soll daher: 
1. das Glockenlduten bey Gewittern an beis 
nem Orte, ohne Ausnahme, mehr statt haben. 
3. Die sogenannten Zeichen zum Ge- 
bethe sollen unter diesem Verbothe aus- 
drücklich begriffen seyn. —
	        
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