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Daraus ergeben sich noch folgende nähere
Bestimmungen:
) Da die Anlagen zur höchsten Bildung
an keinen Stand der Staatsbürger gebun-
den sind, so können die Studienschu-
len auch für keinen Stand unzu-
gänglich seyn.
b) Da aber die Studienschulen auf eine
längere Dauer des Unterrichts berechner,
und eben darum für einen kürzeren Schul-
besuch unzweckmässig sind, so können in
dieselben nur solche Schüler aufgenommen
werden, von welchen mit Entschiedenheit
zu erwarten ist, daß sie dem Schulbesuche
eine längere, als die für die Volksschulen
vorgeschriebene Zeit widmen werden.
ßc) Dagegen knnen Schüler, die in der
Volkeschule sich durch Anlagen und Fleiß
auszeichnen, und eben darum ein schnel-
leres Nachholen der Studien= Elemente
hoffen lassen, noch späterhin in die Stu-
dienschule befördert und aufgenommen
werden.
à) Ein zweites Hauptbedürfnß har sich
längst in Absicht auf den zahlreichen Stand
berjenigen Staatsbürger gezeigt, die, ohne
eine eigentlich gelehrte oder wissenschaftliche
Bildung zu bedürfen oder zu verlangen, doch
sowohl für ihren Stand, als für die Kunst,
Hrofession, oder höhere Gewerbsart, der
eie sich widmen, — bei der in allen Zweigen
der Kunst und des Gewerbes errungenen Er-
weiterung und Verfeinerung von Einsichten
und Kunstvortheilen, und bei der in allen
Ständen gesteigerten Foderung von Bil-
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dung überhaupt, — eine ausgebreitetere Be-
kanntschaft mit mannigfaltigen Kennknissen,
eine vielfältigere Erweckung und Uebung
des Geistes, und eine grössere Geübtheit in
verschiedenen Kunstfertigkeiten nicht enrbehren.
können.
Nachdem die Volksschulen, ungeachter
auch sie gesteigerte Foderungen zu erfüllen
haben, jenem Bedürfnisse schon seit längerer
Zeit nicht mehr Genüge zu leisten vermoch=
ten, wurde zwar schon vor dem in der Or-
ganisation der Mittelschulen Bedacht darauf
genommen, dem erkannten Mangel dadurch
abzuhelfen, daß mit den Gymnasial-Studien
soviel Uebung in Real-Kennenissen, neueren
Sprachen und Kunstfertigkeiten verbunden
wurde, als für das Bedürfniß jener grossen
Klasse von Staatsbürgern nothwendig schien.
Allein die Erfahrung hat, nach dem einstim-
migen Ausspruche der einsichrovollsten Beob-
achter, hinreichend dargethan, daß die ver-
suchte Vereinigung verschiedenartiger Zwecke
von der einen Seite dem eigenrlichen Gym-
nastalstudium höchst nachtheilig werde, und
von der anderen Seite doch auch für das an-
dere Bildungs = Bedürfniß nicht genug zu
leisten vermöge.
Dieser wohlbegründeren Erfahrung ge-
mäß haben Seine königliche Majestäc, nach
den darüber vorgelegten Erfahrungen, geneh-
migt, von den Gymnasial-Studien die
Ausdehnung auf höheren Volksunter-
richt wieder zu trennen; dagegen aber al-
lergnddigst beschlossen, zum Besten dieses
wichtigen Zweiges der Nationalbildung, über-