Full text: Königlich-Baierisches Regierungsblatt. 1809. (4)

  
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II. Bon dem Schluß= und Defensions- 
Verfahren. « 
H.32.Nachbeendigteruntersuchung 
wird sogleich das Schluß-Verfahren vorge- 
nommen, welches die Vertheidigung des 
Angeschuldigten zu seinem Hauptzwecke bat. 
Dieses geschieht bei geöffneten Gerichts- 
thüren. 
G. 33. Bei diesem Schluß-Verfabren 
entwickelt zuerst der Kronfiskal in einem 
mündlichen Vortrage die vorzüglichen An- 
klags-Punkte, welche wider den Beschul- 
digten streiten, und begründet sie mit den 
aus den Akten sich ergebenden Beweisen. 
Hierauf wird der Angeschuldigte von dem 
Gerichts: Vorstande aufgefodert, diejenigen 
Umstände oder Rechtsgründe anzugeben, wel- 
che er zur Abwendung oder Milderung der 
Strafe fuͤr sich anzufuͤhren habe. 
W. 34. Dem Beklagten ist zu diesem Be- 
bufe auf Verlangen ein Vertbeidiger beizu- 
geben, welchem vor dem Schluß-Termine 
selbst, um sich zu diesem gehörig vorzuberei- 
ten, die Einsicht sämtlicher Akten, so wie 
eine Unterredung mit dem Beklagten (beides 
jedech nur in Gegenwart einer Gerichts- 
Person) zu gestatten ist. 
Dem Vertbeidiger ist zu seiner Vorberei= 
tung mehr nicht, als ein Zeitraum von böch- 
stens a4. Seunden zu gestatten, nach de- 
ren Verlaufe das Schluß, Verfabren vorge- 
nommen wird. 
Pertheidiger, welche sich einer pflicht- 
widrigen Verzögerung oder anderer unerlaub- 
ter Handlungen schuldig machen, sind un- 
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nachsichtlich mit Geld-und Gefaͤngniß-Strafe 
zu belegen. 
K. 35. Nach vollenderer Defensions-Hand= 
lung schreiten die Richter, bei verschlossenen 
Thüren und nach Enefernung aller Uebri- 
gen, zur Berathschlagung und Urtbeilsschs- 
pfung. Der Präsident wiederbolt in Kür- 
#e das Faktum, nebst den für und gegen 
die Schuld des Untersuchten streitenden Grün- 
den, und führt dann die Erwägung auf fol- 
gende drei Fragpunkte zurück: 
) ob rechtlicher Bewels vorbanden ist, 
daß der Untersuchte des Verbrechens schul- 
dig sey? 
b) welche erschwerende oder mildernde Um- 
stände dabei eintreten? 
D) welche Strafe daher auf das Verbrechen 
unter diesen Umständen zu befstimmen 
sey 7 
C. 36. Ueber jeden dieser Punkte hat der 
Vorsizende besonders umzufragen, und die 
Stimmen der Richter mit den Gründen 
zum Protokolle zu geben. 
§. 37. Unter den Richtern gibt derjeni- 
ge, welcher die Untersuchung geführt bar, 
zuerst seine Stimme, die übrigen nach dem 
NRange des Dekrets von unten auf. 
Sind die Seimmen gleich, so eneschei- 
det der Vorsszende, welcher nur Eine Stim- 
me, und zwar die lezte bat. 
6. 38. Das geschöpfte Urebeil wird durch 
den Präsidenten wörtlich zu Protokoll gegeben, 
und dieses von den sämtlichen Mitgliedern 
des Gerichte unterschrieben.
	        
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