Full text: Königlich-Baierisches Regierungsblatt. 1813. (8)

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des Gesezgebers liegen, wenigstens die wich- 
tigern und merkwuͤrdigern peinlichen Rechts- 
Faͤlle mit den Erkenntnissen und Entschei- 
dungs-Gruͤnden zur Kenntniß des großen 
Publikums zu bringen, und zwar nicht in ei- 
ner neuen fleißigern Einkleidung, sondern 
um das Ansehen der höhern Gerichtshöfe 
noch mehr und unerschüteerlich zu befestigen, 
in ihrer ursprünglichen Gestalt, wie sie das 
Geriche selbst hinausgegeben hatte. Was 
jezt nach einem vollzogenen Todes, Urhheile 
schon geschehen muß, kann als Beispiel an- 
geführt werden, und noch kann es in andern 
möglichen Fällen räthlich seyn, das Publi- 
kum von dem Ausgange einer peinlichen Un- 
tersuchung, welche besonderes Interesse für 
dasselbe hatte, mie den bestimmenden Grün, 
den zu unterrichten. 
C. 7. Hieraus ergiebt sich als unmittelbare 
Folge, daß 1) die Entscheidungs-Gründe 
für Seraf-Erkennrnisse in zweifacher Hinsicht 
der Fassungekraft auch des ungebildeten 
Menschen angepaßt werden, daher ungekün- 
stele und einfach seyn müssen, zu welchem 
Ende auch alle aus fremden Sprachen ent- 
lehnten Wörter, so wie die nur den Rechtsge- 
lehrten verständlichen wissenschaftlichen Aus- 
drücke sorgfältig daraus zu entfernen sind; 
daß 2) die Enrscheidungs= Gründe in Straf- 
Sachen nach dem verschiedenen Inhalte der 
Erkennenisse eine verschiedene Tendenz anneh- 
men; und 3) die Entscheidungs-Gründe für 
Zioil: Erkennenisse in der Regel kürzer seyn 
können, als die in Kriminalsachen. 
  
568. 
*. #. Insbesondere haben die Appella- 
Jions und ersten Instanz-Gerichte bei Fase 
sung der Entscheidungs" Gründe Nachstehen= 
des zu erwägen. 
A. In Zivil-Rechessachen. 
1) Das aus den Akten hervorgehende un? 
ter den streitenden Theilen bestehende Reches- 
Verhältniß ist mit möglichster Deurlichkeie 
und Kürze darzustellen. 
2) Die dasselbe begründenden Beweise 
müssen — wenn die Theile nicht darüber einig 
sind — soviel zu dem erfoderlichem Grade der 
Gewieheit gehört, erschöpfend zwar, jedoch 
mit Abschneidung alles überflüssigen zu diesem 
Zwecke nicht Erfoderlichen aufgeführt werden. 
3) Dasselbe gilt von dem Falle, wenn die 
Entscheidung lediglich von Projeßförmlich- 
keiten abhängt. 
4) Da allen Bescheiden, welche definiciv 
auf die Enrscheidung, obglelch nur mitrelbar 
wirken, Entscheidungs-Gründe beigefügt wer- 
den müssen, so find sie jedesmal nur auf den 
Gegenstand zu richten, welcher durch den Be- 
scheid seine Bestimmung erhält. Jedoch darf 
kein im Urtheile oder Bescheide entschiedener 
Dunkt in den Gründen übergangen werden. 
5) Nach der eigenen Beschaffenhett der 
Zivil: Rechtsstreite, daß sie in der zweiten 
und höhern Instanz, in wichtigeren und ver- 
wickelten Sachen auch meistens in der ersten 
durch Rechtsanwälte, oder von den Rechte- 
kündigen Parteien geführe werden, dürfen 
die Entscheldungs-Gründe auch für deren 
Beurtheilung eingerichtet werden. Es bedarf 
hier des wettläusigen und mühsamen Nach-
	        
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