Nr. 178. 1915. 955
beiter, welche im Besitze einer direkten Fahrkarte nach einer Eisenbahnstation eines neu-
tralen Landes sowie eines von der gesandtschaftlichen oder konsularischen Vertretung
des neutralen Staates visierten Passes sind und den für die Überschreitung der Reichs-
grenze bestehenden Vorschriften genügen. ·
§2.
Sämtliche russischen Arbeiter und Arbeiterinnen dürfen die Grenzen des Orts-
bezirks (Gemeinde= und Gutsbezirk) ihrer Arbeitsstelle, soweit nicht der Besuch des sonn-
und festtäglichen Gottesdienstes in der der Arbeitsstelle nächstgelegenen Kirche ihrer
Konfession in Frage kommt, nicht anders als mit schriftlicher Genehmigung der Orts-
polizeibehörde überschreiten.
Der Uebergang in eine neue Arbeitsstelle ist nur unter Beachtung der für die
Umschreibung der Arbeiter-Legitimationskarte geltenden Vorschriften zulässig und, wenn
die Arbeitsstelle in einem anderen Ortsbezirk (Gemeinde= und Gutsbezirt) desselben
Ortspolizeibezirks liegt, an die Genehmigung der Ortspolizeibehörde, wenn sie in
einem anderen Ortspolizeibezirk liegt, in den preußischen Teilen des Korpsbezirks an
die Genehmigung des für die bisherige Arbeitsstelle zuständigen Landrats (in Stadt-
kreisen des Ersten Bürgermeisters) gebunden. An die Stelle des Landrats oder des
Ersten Bürgermeisters tritt in den Großherzogtümern Mecklenburg-Schwerin und Meck-
lenburg-Strelitz die Genehmigung der Ministerien oder der von ihnen hierfür bestimmten
Behörden, im Fürstentum Lübeck die Genehmigung der Großherzoglichen Regierung in
Eutin, in den Hansestädten die Genehmigung der Polizeibehörde Hamburg, der Polizei-
Direktion Bremen oder des Polizeiamts Lübeck.
Die für den Aufenthalt und die polizeiliche Meldung von ausländischen Arbeitern
bestehenden allgemeinen Vorschriften bleiben hierdurch unberührt.
* 3.
Für die von dem Verbot des § 1 betroffenen in der Landwirtschaft und ihren
Bebenbetrieben beschäftigten russischen Arbeiter gelten ferner folgende besondere
orschriften:
Sie werden beim Ablauf ihrer derzeitigen Arbeitsverträge neue für die Winter-
monate und das Wirtschaftsjahr 1916 geltende Arbeitsverträge abzuschließen haben
und sind verpflichtet, spätestens bis zum 31. Januar 1916 die Ausstellung der Arbeiter-
Legitimationskarte für 1916 bei der Ortspolizeibehörde zu beantragen.
Die Arbeitgeber haben sich zu vergewissern, daß letztgedachter Verpflichtung pünkt-
lich nachgekommen wird, und haben die säumigen Arbeiter bis spätestens zum 5. Fe-
bruar dem zuständigen Landrat oder der an seine Stelle gemäß § 2 tretenden Behörde
zu melden, hierbei auch mitzuteilen, ob der Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages
erfolgt ist oder nicht. ½“ ç
Denjenigen russischen Arbeitern, welche beim Ablauf ihres diesjährigen Arbeits-
vertrages einen neuen Vertrag noch nicht abgeschlossen haben, ist für die Zeit vom
Ablauf des Vertrages bis zum Abschluß eines neuen von dem bisherigen Arbeitgeber
Unterkunft und Verpflegung gegen eine vom Arbeitnehmer einzuziehende, erforderlichen-
falls von seiner Kaution in Adzug zu bringende Entschädigung von 0,70 pro Kopf
und Tag zu gewähren.