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Neben dieser Ansicht der Mehrheit im Land-
tage hat sich jedoch
b) von saͤmmtlichen Abgeordneten aus dem
Neustaͤdtischen Kreise eine Provinzial-Stimme
dahin gebildet: daß in ihrem Kreise das Zer-
schlagen der gebundenen Bauernguͤther nicht
frey gegeben, sondern die deshalb bestehenden
Königl. Sächs. Gesetze aufrecht erhalten wer-
den, es jedoch in besonders dringenden Fällen
von der Zustimmung der obern Landesbehörde
abhängig bleibe, das Zerschlagen auch dann
Ausnahmsweise zu gestatten, wenn die gesetz-
lichen Vorschriften hinsichtlich des Gehaltes des
übrig bleibenden Stammguthes nicht völlig be-
achtet werden konnten. Als Gründe für diese
Separat-Stimme sind angeführt worden: daß
durch das Zerschlagen in der Regel nur die
üble Wirthschaft einzelner schlechten Wirthe
befördert, Armuth herbeygeführt werde und
für die Gemeinden die Gefahr entstehe, ver-
armte Einwohner versorgen zu mussen, haupt-
sächlich aber, daß der Neustädtische Kreis fast
überall an Lander gränze, in welchen gebun-
dene Güther bestehen und in deren Mitte dieses
Verhältniß nicht zuerst aufgehoben werden
koͤnne.
Der hoͤchsten Entscheidung muß daher der
getreue Landtag ehrerbietigst anheim geben, ob
dieser lette Antrag bey der unter a) in Vor-
schlag gebrachten allgemeinen Bestimmung,
Beruͤcksichtigung finden kann?
2) Die in den 8. 8. 8. und 9. des Ent-
wurfs vorgeschlagenen Bestimmungen uͤber die
Verhaͤltnisse der Forensen nimmt der getreue
Landtag dankbar an, jedoch mit dem Wunsche,
daß vor der Feststellung einer allgemeinen Re-
gel zunächst die an einzelnen Orten bestehenden
Verträge, Gemeindebeschlüsse oder Herkom-
men, wo solche deutlich entscheiden, vorbehal-
ten und, daß da, wo dergleichen ermangeln,
die Beytragepflicht der Forensen nicht für ein-
zelne, namentlich aufgeführte, sondern für alle
die Fälle ausgesprochen werde, in welchen die
der Gemeinde obliegende Last oder Ausgabe
nach dem Stenerfuße ausgeschrieben wird.
3) Was endlich das in F. 10. des Ené-
wurfs derührte Näherrecht und Vorkauferecht
bekrifft, so hat der getreue Landtag sich in der
Ansicht vereinigt, und trägt ehrfurchtsvoll
darauf an:
a) daß alles und jedes Näherrecht, wo der-
gleichen noch besteht, es sey unter welchem Ti-
krc es wolle, gänzlich aufgehoben; demnachst
aber
b) das Vorkaufésrecht für den Fall, wo
Garten= und Feldgrundstücke an einen Aus-
wärtigen (nicht Nachbar des Orts) ohne vor-
gängige öffentliche Versteigerung (denn bey
solcher kann, sie sey eine freywillige oder eine
nothwendige, von einem Vorkaufsrechte über-
all nicht mehr die Rede seyn) verkauft werden
sollen, in der Maaße ferner beybehalten und
resp. eingeführt werden möge, wie der dem vo-
rigen Landtage mittelst höchsten Decretes vom
Zten Nov. 1818. mitgetheilte Entwurf eines
Gesebes uber die Theilung der Bauerngüther,
im F. 4. Urt. b., sehr zweckmäßig ausspricht;
und daß
P) dabey für den Fall, wenn mehrere Ein-
wohner des Orts das Vorkauféêrecht ausuben
wollen, bestimmt werde: daß unter ihnen, zu
Gunsten des Verkäufers, eine Licitation anzu-
stellen ist und das Meistgebot entscheidet.
VII. Der Entwurf eines allgemei-
nen Huth= und Trifft-Gesetzes hat
zwar von neuem den wichtigen Zweifel erwecken
müssen, ob es überhaupt moöglich sey, Eine allgc-
meine Vorschrift über diesen Gegenstand zug ben,
der fast an jedem Orte ein verschiedenes Herkom-
men oder specielle, von Local-Umständen abhän-
gige, Verträge veranlaßt hat? Allein, nach wie-
derholter Prufung des Entwurfs, glaubt der
getreue Landtag dennoch, daß die verschiedenen
Rechtsverhältnisse möglichst beachtet worden
sind und daß allgemeine Bestimmungen ange-
nommen werden können, wenn Ihro Köônigl.