Full text: Großherzoglich Sachsen Weimar-Eisenachisches Regierungs-Blatt aufs Jahr 1828. (12)

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Man waͤhle zur Operation die untere, haarlose Stelle des Schwanzes, wo 
die mit Entzuͤndung verknuͤpften Pocken, wie zahlreiche Erfahrungen bewiesen ha- 
ben, weniger Beschwerden verursachen und ruhiger verlaufen koͤnnen, als am 
Schenkel, Schulterblatte, oder Ohr. Zwar macht das am Schwanze geimpfte 
Thier häufig Versuche, die juckende Pocke zu benagen, es vermag sie aber um so 
weniger zu zerstören, je näher die Impf-Stelle dem After ist. Die Impf-Wunde 
Larf nur bis unter die Oberhaut dringen, weil tiefere Verletzungen leicht heftige 
Entzündung und Brand zur Folge haben; eine gleichmäßige, mehr warme, als 
kalte Temperatur ist hierbey besonders förderlich. 
Die Schutz-Impfung unternimmt man im Herbste, als in der dazu 
günstigsten Jahrcszeit; man trifft dabey die nöthigen Vorkehrungen zu Vermeidung 
aller nachtheiligen Einflüsse und sorgt vorher für guten oder so genannten kultivir- 
ten Impf-Stoff, welcher dadurch gewonnen wird, daß man von einem pocken- 
kranken Schaafe mit oben beschriebenen guten Pocken ein ganz gesundes und ge- 
hörig abgesondertes, von lebteren ein anderes und so weiter bis zum fünften 
Schaafe impft, mit dessen Lymphe man dann die Impfung allgemein anstellt. Es 
versteht sich von selbst, daß die Größe der Heerde die vorbereitende Impfung an 
mehren einzelnen Stücken nothwendig machen kann, damit Impf-Stoff genug 
vorhanden sey. 
Trockne und schöne frühzeitige Herbstwitterung, z. B. im September, eignet 
sich zur Schutz-Impfung am besten, zu welcher Zeit auch die Lämmer kräftig 
genug sind, um das nach Impfung eintretende Fieber besser zu ertragen. 
Ist die Impfung vollendet, so sieht man am eilften und zwölften Tage nach 
deren Erfolg, um diejenigen Stücke, bey welchen sich keine Pocke zeigt, an einer 
andern Stelle des Körpers nachzuimpfen. Zeigen sich schon drey bis vier Tage 
nach der Impfung ausgebildete Pocken, die bereits am fünften, sechsten Tage ei- 
tern und bald darauf abheilen, so darf man der Schutzraft derselben nicht trauen, 
sondern man muß die Impfung wiederholen. 
Da der Anfang der Seuche oft verkannt werden kann, so wird auf folgende 
Merkmale derselben aufmerksam gemacht. 
Bemerkt man bey dem Aus= und Eintreiben einzelne Schaafe, welche steif und 
besonders mit breitgestellten Hinterfüßen gehen, bey genauer Untersuchung aber 
zwischen den Schenkeln oder an anderen unbewollten Stellen rothe, den Floh- 
stichen ähnliche, Flecken, oder gar schon kleine Blattern haben und findet dabey 
vermehrte Wärme über den ganzen Körper, und, wenn die Blattern schon in der 
Ausbildung begriffen sind, ein schleimiger Ausfluß aus der Nase Statt: so kann 
mit Gewißheit angenommen werden, daß die Heerde von den Pocken angesteckt
	        
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