Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1850. (34)

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Bei Uebertretungen, welche nur auf Antrag eines Betheiligten untersucht 
und bestraft werden, ist die Mitwirkung des Staatsanwaltes gaͤnzlich ausge- 
schlossen. Dieselben können nur durch den Betheiligten, als Privat-Ankläger, 
verfolgt werden, welcher dabei dieselben Befugnisse hat, wie der Staatsanwalt. 
Ist bei einem Polizei-Vergehen jemand beschädigt worden, so steht ihm 
frei, wenn die Staatöanwaltschaft oder die Polizei die Verfolgung des Ver- 
gehens verweigert, dasselbe mit allen Befugnissen eines Privat-Anklägers selbst 
zu verfolgen. 
Art. 344. 
Halt der Einzelrichter dafür, daß er nicht zuständig sey, so hat er dieses 
dem Staatsanwalte oder dem Privat-Ankläger bekannt zu machen und diesen 
die weitere Fortstellung der Sache vor dem zuständigen Gerichte zu überlassen. 
Gelangt die Sache nunmehr an das Kreisgericht und dieses verweist die 
Sache wieder an den Einzelrichter zurück, so kann der letztere dieselbe nicht 
weiter wegen Unzustandigkeit von sich abweisen. 
Art. 345. 
Das Verfahren vor dem Einzelrichter ist ein abgekürztes, dergestalt, daß 
die Voruntersuchung mit der Hauptverhandlung verbunden wird. Einer An- 
klageschrift und Versetzung in den Anklagestand bedarf es nicht. Statt der 
ersteren ist ein allgemeiner Antrag auf gesetzliche Bestrafung genügend. 
Es hängt von dem Ermessen des Einzelrichters ab, ob er sofort, oder 
erst nach weiteren Untersuchungsschritten in einer Voruntersuchung, einen Tag 
zur Hauptverhandlung ansetzen will. 
Im Allgemeinen hat er die Vorschriften zu beobachten, welche der Unter- 
suchungsrichter bei den Kreisgerichten zu beobachten hat. Rekurse gegen seine 
Verfügungen finden nach Analogie der Vorschriften im Art. 100 jedoch nur 
an das Kreisgericht Statt. 
Art. 346. 
Bei folgenden einzelnen Handlungen gelten besondere Vorschriften: 
1) Vorlaufige Festnehmung des Angeschuldigten zum Behufe der Vorfüh- 
rung findet nur in den im Art. 108, Nr. 1 und Nr. 2 gedachten Fäl- 
len, und bei Polizei-Vergehen nur in den Fällen Nr. 1 Statt. 
2) Steckbriefe (Art. 114) sind unzulässig.
	        
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