Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1854. (38)

375 
8. 34. 
Hält die Anklagekammer dafür, daß die Sache, weil sie kein Verbrechen 
im engeren Sinne betrifft, nicht vor das Geschwornengericht, sondern, weil ein 
Vergehen in Frage steht, vor das Kreisgericht, oder wegen dessen Unzuständig- 
keit vor ein anderes Kreisgericht, oder weil eine Uebertretung vorliegt, vor einen 
Einzelrichter gehörig sey, oder hält das Kreisgericht dafür, daß die Sache vor 
das Geschwornengericht, oder vor ein anderes Kreisgericht, oder vor einen Ein- 
zelrichter gehöre: so ist dieses auszusprechen und die Sache an das zuständige 
Gericht zu verweisen. 
Verweisungen durch die Anklagekammer an die dem Appellations-Gerichte 
untergeordneten Kreisgerichte oder Einzelrichter binden diese, und Verweisungen 
der Kreisgerichte an die ihnen untergeordneten Einzelrichter binden ebenfalls diese 
letzteren. Bei anderen Verweisungen ist erforderlichen Falles der Streit über die 
Zuständigkeit nach Artikel 63 zu erledigen. 
Die Verweisung wegen Nichtzuständigkeit hat keine Nichtigkeit der bisherigen 
Voruntersuchung zur Folge, vielmehr hat das Gericht, an welches verwiesen 
worden ist, auf dem Grunde derselben weiter zu verfahren. 
Sind mehre Verbrechen Gegenstand der Voruntersuchung, und ist das 
Geschwornengericht rücksichtlich eines oder mehrer, rücksichtlich anderer das Kreis- 
gericht oder ein Einzelrichter zuständig, ingleichen, wenn das Kreisgericht rück- 
sichtlich einzelner, und rücksichtlich anderer ein Einzelrichter zuständig ist, soll die 
Zuständigkeit des höheren Gerichtes auch auf diejenigen Verbrechen erstreckt werden, 
welche eigentlich vor den niederen Richter gehörig sind, und es soll daher eine 
theilweise Verweisung der Sache vor einen niederen Richter nicht eintreten. 
Ausgenommen sind jedoch hiervon diejenigen Fälle, in welchen schon nach dem 
zweiten und dritten Absatze des Artikel 56 eine Erstreckung des Gerichtsstandes 
ausgeschlossen ist. . as 
Findet die Anklagekammer oder das Kreisgericht, daß die in dem Antrage 
oder der Anklageschrift angeführte That durch kein Strafgesetz verboten ist, oder 
daß der Staatsanwalt ohne den erforderlich gewesenen Antrag eines Betheiligten, 
oder umgekehrt ein Privat-Ankläger an der Stelle des Staatsanwaltes aufge- 
treten ist, wo nur letzterer hätte auftreten können, oder daß es an Beweis- 
mitteln fehlt, um den Angeschuldigten für dringend verdächtig halten zu können, 
oder daß dieser in Folge unzweifelhafter Thatsachen als straflos erscheint, so ist 
die Entscheidung zu geben: daß der Angeschuldigte nicht in den Anklagestand 
zu versetzen sey. 
63“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.