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82.
Die kirchliche Eheverkündigung und Traunng ist regelmäßig nicht zu be-
anstanden bei allen nach dem Reichsgesetz vom 6. Februar 1875, betreffend
die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung, zulässigen Ehen,
es wäre denn, daß es sich
1. um Ehen zwischen Christen und Nichtchristen, oder um
2. gemischte Ehen handelte, vor deren Eingehung der evangelische
Bräutigam die Erziehung sämmtlicher Kinder in einer nicht evangelischen
Religionsgemeinschaft ausdrücklich zugesagt hat, oder daß
3. nach den besonderen Umständen des Falles die kirchliche Einsegnung
der Ehe als eine Entwürdigung dieser Handlung erscheinen oder gar zum
öffentlichen Aergerniß gereichen müßte, was namentlich in Frage stehen kann
bei Verächtern des christlichen Glaubens, oder wegen lasterhaften Wandels,
oder wegen verschuldeter Scheidung der früheren Ehe, oder wegen des Ver-
haltens bezüglich der Eingehung der Ehe.
83.
In den soeben im § 2 unter 1, 2 und 3 angegebenen Fällen, hat der
zur Vornahme der kirchlichen Eheverkündigung und Trauung angegangene zu-
ständige Geistliche (vgl. 8 8 des Kirchengesetzes vom 5. Januar 1879), ehe er
die kirchliche Eheverkündigung und Tranung vornimmt, unverweilt eine Be-
rathung über den Fall im Kirchgemeindevorstande herbeizuführen, sofern er
nicht aus besonderen Bedenken hiervon Umgang nehmen zu müssen glaubt, und
sodann unter eingehender Darlegung der Gründe, bezüglich auch unter Bei-
fügung des Protokolls über die Berathung im Kirchgemeindevorstande, bericht-
liche Vorlage an die vorgesetzte Superintendentur zu machen, welche sodann
diese Vorlage mittelst gutachtlichen Berichts unverzüglich an uns zur Er-
theilung der Entscheidung übermittelt.
Weimar, den 30. Dezember 1882.
Großherzoglich Sächsischer Kirchenrath.
Stichling.
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