Object: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

lama ein, und es wurden von hier aus mit den 
unterworsenen Völkerstämmen Friedensverhandlungen 
in die Wege geleitet. Inzwischen ist eine Ver- 
stärkung aus Dar-es Salaäm unter Oberleutnant 
Kohlermann in Mkalama eingetroffen, und dürfte 
eine Wiederholung derartiger Unruhen für die Folge 
ausgeschlossen seimn. 
Kamerun. 
Oberst Pavel über seine Expedition nach dem Csadsee. 
II. (Schluß.)") 
Nachdem Oberleutnant v. Madai für alle Ver- 
hältnisse genaue Anweisung erhalten hatte, trat ich am 
29. April meinen Abmarsch von Dikoa nach dem Tsadsee 
an, daselbst am 2. Mai eintreffend. Unterwegs 
wurde ich freundlich ausgenommen, fand aber leider 
überall die Spuren der Verwüstung durch Rabbeh 
und Fad el Allah. So war das schöne Ngala mit 
seinem prachtvollen zweistöckigen Sultanspalast total 
zerstört, die Einwohner auf ein Zehntel ihrer früheren 
Stärke zurückgegangen. In Sehram, von wo aus 
ich den jetzt in der Trockenzeit mit seinen Ufern 
etwa 10 km zurückgetretenen Tsadsee besuchte, traf 
am Abend des 2. Mai Oberleutnant Dominik ein. 
Er kehrte, nachdem er den Ausflug an den Tsadsee 
mitgemacht hatte, nach Dikoa zurück und schickte in 
meinem Auftrag Oberleutnant v. Madai nach Garua, 
um Oberleutnant v. Bülow abzulösen, der mit dem 
Befehl der 1. Kompagnie den Posten in Dikoa über- 
nehmen sollte, während Oberleutnant Dominik für 
Garua bestimmt blieb. Oberleutnant v. Madai blieb, 
ehe er seine Stellung in Banyo antrat, so lange in 
Garua, bis ihn Oberleutnant Dominik ablöste. 
Am 5. Mai marschirte ich nun vom Tsadsee in 
östlicher Richtung nach Kusserie am Logon ab, unter- 
wegs die Häuptlinge mit ihren Stämmen, größten- 
theils Araber, unter den Schutz der deutschen Regie- 
rung stellend. Auch auf dieser Strecke machten sich 
die Verwüstungen des Rabbeh rc. traurig bemerkdbar. 
Sämmtliche Häuptlinge zeigten große Befriedigung 
darüber, von weiteren Abgaben befreit zu fein. 
Auf dem Marsche nach Kusserie wurde ich mehr- 
fach durch Boten des Ocderstleutnants Destenave 
begrüßt, mit der Aufforderung, ihn in Fort Lamy 
zu besuchen, auch hatte der Oberstleutnant Destenave 
die Liebenswürdigkeit, uns Deutschen einen Korb 
frisches Gemüse entgegen zu schicken, eine für uns 
längst entbehrte Speise. Am 9. Mat erreichte ich 
Kusserie und fand daselbst solgende Lage. Kusserie, 
am linken Ufer des Logon gelegen, mut jetzt vielleicht 
noch 5000 Emwohnern, war früher bis zu Rabbehs 
Verwüstung eine blühende Stadt. Von einer großen, 
40 Fuß hohen Mauer umgeben, enthält sie viele 
kleinere Paläste, ebenfalls in arabischem Stil ge- 
"*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1902, S. 543 ff. 
  
588 — 
baut. Innerhalb der Mauer, an der Westseite, 
stand ein französisches Kasernement, das erst am 
Abend vor meiner Ankunft von den französischen 
Truppen, in Stärke einer Schwadron Spahis, ver- 
lassen worden war. Nach meinem Eintreffen schickte 
ich einen Brief an Oberstleutnant Destenave nach 
Fort Lamy, 20 Minuten unterhalb an der Mün- 
dung des Logon in den Schari gelegen, ihm meine 
Ankunft und die Absicht meines Besuches bekannt 
gebend. Am Mittag des 10. fuhr ich mit meinen 
Offizieren nach Fort Lamy, um meinen Besuch ab- 
zustatten. Dort angekommen, wurde ich von einem 
französischen Hauptmann mit militärischen Ehren 
empfangen und in das Fort geleitet. Hierselbst be- 
grüßte mich Oberstleutnant Destenave mit seinen 
Offizieren, einem Stabsoffizier, fünf Hauptleuten, 
einem Dolmetscher der arabischen Sprache im Offizier- 
rang und einem Marmeoffizier, dem die Führung 
des bei Fort Lamy ankernden Heckraddampfers auf 
dem Schari und dem Tsadsee untersteht. Nach statt- 
gesundener Begrüßung zog ich mich mit Oberst- 
leutnant Destenave in dessen Wohnung zurück, um 
alle Angelegenheiten zu besprechen, während die 
andern Herrn gemeinschaftlich das Fort besichtigten. 
Oberstleutnant Destenave besprach mit mir die Lage 
und erklärte mir, die Besetzung von Deutsch-Bornu 
sei nothwendig gewesen der Sicherheit des fran- 
zösischen Gebietes und der französischen Truppen 
halber. Nachdem der Oberstleutnant versichert hatte, 
da jetzt Deutsch-Bornu von der deutschen Regierung 
in Besitz genommen sei, würden die Rechtsverhält- 
nisse der Grenzen genau beobachtet werden, schloß 
die Unterredung, die in französischer Sprache ge- 
führt wurde. Wir folgten darauf einer Einladung 
des Oberstleutnants Destenave zu Tisch und wurden 
dabei in außerordentlich liebenswürdiger und zuvor- 
kommender Weise ausgenommen. Gegen Abend 
kehrten wir nach Kusserie zurück, und ich empfing 
am Mittag des nächsten Tages den Gegenbesuch der 
französischen Offiziere, die meiner Aufforderung zu 
Tisch Folge leisteten. Bei den gegenseitigen Be- 
grüßungsreden brachte Oberstleutnant Destenave ein 
Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus, nachdem 
meinerseits vorher ein solches auf den Präsidenten 
Loubet und die französische Armee ausgebracht war. 
Für den nächsten Tag hatte ich mir die Häupt- 
linge der angrenzenden Stämme nach Kusserie be- 
stellt und erklärte ihnen die jetzigen Rechtsverhält- 
nisse, mit Unterstellung ihrerseits unter den Sultan 
Sanda von Dikoa. Am 12. Mai marschirte ich nun 
von Kusserie ab, und zwar über Karnak durch die 
Fili Obadscha, in der sich die Einwohner jetzt fleißig 
anbauen, nach Marrua, daselbst am 26. Mai ein- 
treffend. Zwei Tage nördlich Marrua, in Bogo, 
fsand am 22. Mai eine Unternehmung gegen Zubern 
statt, eine weitere am 23. Mai von Marrua aus. 
Zuberu selbst hatte in dem wilden Mandarragebirge 
Zuflucht gesucht und brandschatzte von da aus die 
ganze Umgebung. Wenn es auch nicht gelang, ihn
	        
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