Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1893. (77)

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Der Arzt begiebt sich in Begleitung eines Polizeibeamten auf das Fahrzeng und unter- 
zieht alle auf demselben befindlichen Personen einer Untersuchung auf Choleraerkrankung, der 
begleitende Polizeibeamte durchsucht dasselbe nach etwa versteckten Personen. Werden Personen, 
welche unter den Erscheinungen der Cholera erkrankt sind, vorgefunden, so sind dieselben sofort 
vom Fahrzeug zu entfernen, ebenso grundsätzlich die übrigen Insassen. Dieselben sind in den 
in Nr. 4 bezeichneten Räumen unterzubringen. Sofern zur Absonderung der anscheinend Ge- 
sunden ausreichende Unterkunftsräume nicht vorhanden sind, können solche Personen vorläufig 
auf dem Fahrzeug belassen werden. 
Die Beobachtung der anscheinend Gesunden hat 5 Tage zu dauern. Ereignete sich die 
Erkrankung auf einem dem regelmäßigen Personenverkehr dienenden Dampfer, so werden nach 
Lage des Falles weniger störende Anordnungen zu treffen sein. 
Zum Transport der Kranken sind die Untersuchungsfahrzeuge thunlichst nicht zu benutzen. 
In der Regel wird dazu der Handkahn des untersuchten Fahrzeuges verwendet werden können. 
Derselbe ist vor der Zurückgabe zu desinfiziren. 
Von den Abgängen der Kranken ist sofort (nach Anlage VIII) eine Probe an die dazu 
bestimmte Untersuchungsstelle abzusenden. Zum Transport geeignete Gefäße und Verpackungs- 
material sind vorräthig zu halten. 
Die Kleidungs= und Wäschestücke der Kranken sind sofort zu desinfiziren. Das Bettstroh 
ist zu verbrennen oder mit Kalkmilch übergossen zu vergraben. Die Wohn= und Schlafräume, 
die Küche, der Abort, bezw. das zu Stuhlentleerungen bestimmte Gefäß, sowie das Kiel-(Bilge-) 
Wasser des Fahrzeuges, auf welchem Kranke vorgefunden wurden, sind zu desinfiziren; außer- 
dem sind alle Räume des Fahrzeuges auf etwa vorhandene Abgänge zu durchsuchen. 
Für die Bewachung des geräumten Fahrzeuges ist Sorge zu tragen. 
Die erforderlichen Desinfektionen werden nach Maßgabe der Anlage VI ausgeführt. 
7. Die vorgeschriebenen Desinfektionsmaßregeln sind unter der persönlichen Verantwor- 
tung des leitenden Arztes auszuführen und zwar, bis ein völlig sicheres Hülfspersonal heran- 
gebildet ist, unter der persönlichen Aufsicht eines Arztes. 
8. Diejenigen Fahrzenge, auf denen Choleraleichen oder verdächtig Erkrankte vorgefunden 
wurden, sind nach erfolgter Desinfektion 5 Tage zu beobachten. 
Eine Beobachtung von gleicher Dauer kann über solche Fahrzeuge verhängt werden, 
deren Führer oder Mannschaften ihre Person oder ihre Fahrzeuge der Untersuchung zu ent- 
ziehen suchen, dem Untersuchungspersonal Widerstand leisten oder sonst die Annahme begründen, 
daß eine Verheimlichung von cholerakranken oder choleraverdächtigen Personen oder verseuchten 
Gegenständen und eine Vereitelung der zur Verhütung der Cholera-Einschleppung oder Ver- 
breitung vorgeschriebenen Maßregeln beabsichtigt wird. 
9. Werden auf dem untersuchten Fahrzeuge Kranke nicht gesunden, so wird demselben 
nach Erfüllung der Vorschriften der Nr. 10 die Weiterfahrt gestattet. Es sind jedoch regelmäßig 
die auf demselben etwa vorhandenen Aborte bezw. die zu Stuhlentleerungen bestimmten Gefäße 
und, sofern anzunehmen ist, daß im Flußwasser selbst Cholerakeime vorhanden sind, thunlichst 
auch das Kiel-(Bilge-) Wasser zu desinfiziren. Die Desinfektion des Kiel-(Bilge-) Wassers kann 
unterbleiben, wenn nachgewiesen wird, daß eine solche im Laufe desselben Kalendertages bereits 
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