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5. Man genieße keine Nahrungsmittel, welche aus einem Hause stammen, in
welchem Cholera herrscht.
Solche Nahrungsmittel, durch welche die Krankheit übertragen werden kann, z. B. frisches
Obst, frisches Gemüse, Milch, sind an Choleraorten nur in gekochtem Zustande zu genießen,
sofern man über die unverdächtige Herkunft nicht zuverlässig unterrichtet ist. Nach gleichen
Grundsätzen ist mit derartigen Nahrungsmitteln zu verfahren, welche aus Choleraorten her-
rühren. Insbesondere wird vor dem Gebrauch ungekochter Milch gewarnt.
6. Alles Wasser, welches durch Koth, Urin, Küchenabgänge oder sonstige Schmutzstoffe
verunreinigt sein könnte, ist strengstens zu vermeiden.
Verdächtig ist Wasser aus Kesselbrunnen gewöhnlicher Bauart, welche gegen Verun-
reinigung von oben her nicht genügend geschützt sind, ferner aus Sümpfen, Teichen, Wasser-
läufen, Flüssen, sofern das Wasser nicht einer wirksamen Filtration unterworfen worden ist.
Als besonders gefährlich gilt Wasser, das durch Auswursstoffe von Cholerakranken in irgend
einer Weise verunreinigt ist. In Bezug hierauf ist die Aufmerksamkeit vorzugsweise dahin zu
richten, daß die vom Reinigen der Gefäße und beschmutzter Wäsche herrührenden Spülwässer
nicht in die Brunnen und Gewässer, auch nicht einmal in deren Nähe gelangen. Den besten
Schutz gegen Verunreinigung des Brunnenwassers gewähren eiserne Röhrenbrunnen, welche
direkt in den Erdboden und in nicht zu geringe Tiefe desselben getrieben sind (abessinische
Brunnen).
7. Ist es nicht möglich, sich ein unverdächtiges Wasser im Sinne der Nr. 6 zu beschaffen,
dann ist es erforderlich, das Wasser zu kochen, und nur gekochtes Wasser zu genießen.
8. Was hier vom Wasser gesagt ist, gilt aber nicht allein vom Trinkwasser, sondern
auch von allem zum Hausgebrauch dienenden Wasser, weil im Wasser befindliche Krank-
heitsstoffe auch durch das zum Spülen der Küchengeräthe, zum Reinigen und Kochen der
Speisen, zum Waschen, Baden u. s. w. dienende Wasser dem menschlichen Körper zugeführt
werden können.
Ueberhaupt ist dringend vor dem Glauben zu warnen, daß das Trinkwasser allein als
der Träger des Krankheitsstoffes anzusehen sei und daß man schon vollkommen geschützt sei,
wenn man nur untadelhaftes oder nur gekochtes Wasser trinkt.
9. Jeder Cholerakranke kann der Ausgangspunkt für die weitere Aus-
breitung der Krankheit werden, und es ist deswegen rathsam, die Kranken, soweit es irgend
angängig ist, nicht im Hause zu pflegen, sondern einem Krankenhause zu übergeben. Ist dies
nicht ausführbar, dann halte man wenigstens jeden unnöthigen Verkehr von dem Kranken fern.
10. Es besuche niemand, den nicht seine Pflicht dahin führt, ein Cholerahaus.
Ebenso besuche man zur Cholerazeit keine Orte, wo größere Anhäufungen von
Menschen stattfinden (Jahrmärkte, größere Lustbarkeiten u. s. w.).
11. In Räumlichkeiten, in welchen sich Cholerakranke befinden, soll man keine
Speisen oder Getränke zu sich nehmen, auch im eigenen Interesse nicht rauchen.
12. Da die Ausleerungen der Cholerakranken besonders gefährlich sind, so sind die da-
mit beschmutzten Kleider und die Wäsche entweder sofort zu verbrennen oder in der Weise,
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