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kann es nöthig werden, Verkaufsräume zu schließen oder Vorräthe zu ver-
nichten.
8. Für reines Trink= und Gebrauchswasser ist bei Zeiten Sorge
zu tragen; als solches ist an Choleraorten das Wasser aus Kesselbrunnen von
gewöhnlicher Bauart, welche gegen Verunreinigung von oben her nicht genügend
geschützt sind, nicht anzusehen und nicht zu benutzen, wenn vorwurfsfreies
Leitungswasser zur Verfügung steht. Zu empfehlen sind eiserne Röhren-
brunnen, welche direkt in den Erdboden und in nicht zu geringe Tiefe ge-
trieben sind (abessinische Brunnen). Wasserwerke müssen einer beständigen
(ege T— Aufsicht unterworfen sein (vergl. Anlage V). Brunnen, welche nach Lage oder
Bauart einer gesundheitsgefährlichen Verunreinigung ausgesetzt sind, sind zu
schließen.
Jede Verunreinigung der Entnahmestellen von Wasser zum Trink= oder
Hausgebrauch und ihrer nächsten Umgebung, insbesondere durch Haushaltabfälle,
ist zu verbieten, insbesondere ist das Spülen von Gefäßen und Wäsche, welche
mit Cholerakranken in Berührung gekommen sind, an den Wasserentnahmestellen
oder in deren Nähe strengstens zu untersagen.
9. Für rasche Abführung der Schmutzwässer aus der Nähe der Häuser
ist Sorge zu tragen. In öffentliche Wasserläufe oder sonstige Gewässer dürfen
Schmutzwässer aus Choleraorten nur eingeleitet werden, nachdem Desinfektions-
mittel (Anlage VI) in genügender Menge zugesetzt worden sind und ausreichend
lange eingewirkt haben.
10. Vorhandene Abtrittsgruben sind, so lange die Epidemie noch nicht
am Orte ausgebrochen ist, zu entleeren; während der Herrschaft der Epidemie
dagegen ist die Räumung, wenn thunlich, zu unterlassen.
Eine Desinfektion von Abtritten und Pissoirs ist der Regel nach nur an
den dem öffentlichen Verkehr zugänglichen, nach Lage oder Art des Verkehrs
besonders gefährlichen Anlagen dieser Art (Eisenbahn-Stationen, Gasthäusern
u. dergl.) erforderlich. Auf peinliche Sauberkeit ist in allen derartigen öffent-
lichen Anlagen zu halten.
N. 11. Die Desinfektionen sind nach der auliegenden Anweisung zu be-
wuirken. In größeren Städten ist auf die Einrichtung öffentlicher Desinfektions=
anstalten, in welchen die Anwendung heißen Wasserdampfes als Desinfektions-
mittel erfolgen kann, hinzuwirken. Die auf polizeiliche Anordnung erfolgenden
Desinfektionen haben unentgeltlich zu geschehen.