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Anlage III.
Grundsätze
für die Einrichtung des Eisenbahnverkehrs in Cholerazeiten.
1. Von den Gesundheitsbehörden wird den Eisenbahndireclionen mitgetheilt, welche
Stationen mit den erforderlichen Krankentrausportmitteln versehen sind und eine geeignete
Krankenunterkunft bieten. Auf allen diesen Stationen, welche im Folgenden als Kranken-
übergabestationen bezeichnet sind, ist von der Eisenbahnverwaltung vorsorglich auf die
Bereitstellung der erforderlichen Räumlichkeiten zur vorläufigen Unterbringung von auf der
Eisenbahn Erkrankten bis zu ihrer Aufnahme in eine Krankenanstalt Bedacht zu nehmen. Wenn
ein besonderes Gelaß nicht verfügbar gemacht werden kann, so genügt es, einen Raum auszu-
wählen, welcher im Bedürfnißfalle sofort behufs Aufnahme von Kranken geräumt werden kann.
Im Nothfalle ist der Kranke bis zur Abholung in dem auszurangirenden auf ein Nebengeleise
zu stellenden Wagen, in welchem er befördert worden ist, zu belassen.
2. Bei Annäherung der Cholera an die Grenze werden auf den von den Landes-
Centralbehörden zu bezeichnenden Zollrevisionsstationen des Grenzgebietes, wo ein
erheblicher Zutritt von Reisenden aus dem von der Cholera ergriffenen Lande stattfindet, Aerzte
bei der Ankunft der Züge ständig anwesend sein, um an der Cholera Erkrankten oder der
Erkrankung Verdächtigen ihre Hülfe angedeihen zu lassen. Eine Untersuchung aller Reisenden
ist nicht die Aufgabe der Aerzte; diese werden jedoch bei der Zollabfertigung anwesend sein und
eintretenden Falles über die Nothwendigkeit der Desinfektion von schmutziger Wäsche, getragenen
Kleidungsstücken und sonstigen etwa mit Choleraentleerungen beschmutzten Gepäckgegenständen
Entscheidung treffen (Vergl. Nr. 13).
3. Im Innern des Landes findet beim Auftreten der Cholera eine regelmäßige Unter-
suchung der Reisenden nicht statt; es werden jedoch dem Personal die Stationen bekannt gegeben,
auf welchen Aerzte sofort erreichbar und zur Verfügung sind. Die Bezeichnung dieser Stationen
erfolgt durch die Landes-Centralbehörde unter Berücksichtigung der Verbreitung der
Epidemie und der Verkehrsverhältnisse.
1. Auf den zu 2 und 3 bezeichneten Stationen sind zur Vornahme der Untersuchung
Erkrankter die erforderlichen Räume, welche thunlichst mit einem Kloset versehen sein oder un-
mittelbar zusammenhängen müssen, von der Eisenbahnverwaltung, soweit sie ihr zur Verfügung
stehen, herzugeben.
5. Ein Verzeichniß sämmtlicher unter 1—3 bezeichneten Stationen, aus welchem auch
ersichtlich ist, wo Aerzte sofort erreichbar und zur Verfügung sind, ist, nach der geographischen
Reihenfolge der Stationen geordnet, jedem Führer eines Zuges, welcher zur Personenbeförde-
tung dient, zu übergeben.
6. Die Schaffner haben dem Zugführer von jeder während der Fahrt vorkommenden
anffälligen Erkrankung insbesondere von schwerem Brechdurchfall sofort Meldung zu machen.
Die Sorge um den Erkrankten hat sich zunächst auf eine möglichst bequeme Lagerung
desselben zu erstrecken und ist Sache desjenigen Schaffners, dessen Aussicht der betreffende
Wagen untersteht.
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