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1) Wenn irgendwo von pockenkranken Kuͤhen Impfstoff gewonnen worden ist,
der sich durch Uebertragung auf Menschen erprobt hat, so haben die Oberamts-
Aerzte, welche uͤber dergleichen Stoff verfuͤgen koͤnnen, jedesmal eine ihnen
entbehrliche Portion desselben, sey es nun, daß er von den Kühen unmittelbar
herruͤhre, oder durch eine oder mehrere Generationen an Menschen erzeugt
worden sey, so gut als moͤglich verwahrt und mit einer kurzen Geschichte ihrer
(Gewinnung versehen, unaufgefordert an die Central-Impf-Anstalt einzusenden.
2) Sollte der Central-Impfarzt sich veranlaßt finden, in Fällen, wo dieser Stoff
aufgebraucht, und die Gewinnung sonstigen Impfstosss in Stuttgart erschwert,
namentlich die Vornahme öffentlicher Impfungen daselbst durch eine unter den
Kindern herrschende Epidemie kürzere oder längere Zeit hindurch unterbrochen
wäre, die Mittheilung frischen Impfstoffs bei einzelnen Oberamts-Aerzten
nachzusuchen; so haben die Leßteren solchen nicht nur selbst, so weit er ihnen
zu Gebot steht, bereitwillig zu verabfolgen, sondern auch die übrigen Impf-
Arzte ihres Bezirks zu gleicher Aushülfe zu veranlassen.
3) Dagegen wird den Oberamts-Aerzten nicht nur alljéhrlich bei dem Beginnen
der öffeutlichen Impfungen, sondern auch und vorzüglich, wenn wegen des
Erscheinens der Menschen-Pocken in ihrem Bezirke schnelle Impfung der
Schutz-Pocken nöthig werden sollte, von der Central-Impf-Anstalt auf jedes-
maliges Verlangen der erforderliche Impfstoff zugeschickt werden, um ihn
theils selbst zu benützen, theils sogleich, besonders aber nach erfolgter Verviel-
sältigung, auch an die übrigen Impfärzte den Bezirks abzugeben. Die Ober-
amts-Aerzte haben sich daher zur geigneten Zeit an die Central-Impf-Anstalt
deßhalb zu wenden. Nur ausnahmsweise in ganz dringenden Fällen wird der
Central-Impfarzt auch den unmittelbaren Requisitionen anderer Impfärzre
Folge geben.
4) Die Schreiben und die Versendungen der Oberamts-Aerzte an die Central-
Impf-Anstalt sind unfrankirt auf die Post zu geben; dagegen wird die Central-
Impf-Anstalt ihre Schreiben und Versendungen den Oberamts-Aerzten durch-
aus postfrei zukommen lassen.
Stuttgart den 16. August 1830. Für den Minister##
Mohl.