254 Belgien. (April 13. — August 6.)
13. April. (Brüssel.) Der Vlamische Volksrat fordert in
einer Petition an die Kammer Gleichstellung der niederländi—
schen Sprache mit der französischen und Einführung des Nieder-
ländischen als ausschließliche Unterrichtssprache in den öffentlichen
Schulen des vlamischen Landes.
15. Mai. Die Kammer genehmigt die Vorlage auf Ge-
währung einer Zinsgarantie einer 3½ prozentigen Anleihe von 10
Millionen Franks der Kongo-Eisenbahn mit 61 gegen 55 Stimmen
bei 20 Enthaltungen.
Ursprünglich hatte die Regierung 5 Mill. Frks. für den Ausbau
der Kongobahn gefordert. Diese 5 Millionen bilden die zweite Rate der
1894 geforderten 10 Millionen, womit die Kongo-Eisenbahngesellschaft ihr
Aktienkapital von 25 auf 35 Millionen Franken zu erhöhen und die bel-
gische Regierung für diese Summe weitere Aktien zu übernehmen beschloß.
Die Kammer bewilligte 1894 zugleich mit den übrigen Krediten für den
Kongostaat die ersten 5 Millionen, knüpfte die Bewilligung der zweiten
Rate aber an die Bedingung, zuvor das Gutachten eines an Ort und Stelle
zu entsendenden fachmännischen Ausschusses über die vollendete und noch zu
vollendende Strecke der Bahn zu erhalten. Dieses Gutachten spricht sich im
allgemeinen günstig aus, bezeichnet aber 20 Millionen als notwendig für
die Vollendung des Baues. Während der Kommissionsberatung beantragte
Abg. Woeste, die geforderten 5 Millionen zur Rückzahlung der Hypotheken-
schuld zu verwenden und der Gesellschaft diese 20 Millionen zur Vollendung
des Bahnbaues durch Uebernahme der Zinsgewähr zu verschaffen. Die
Regierung brachte eine entsprechende Vorlage ein, die Kammer lehnte fie
jedoch mit großer Majorität ab (31. März). Infolgedessen setzt die Regie-
rung die Höhe der Anleihe auf 10 Millionen herab, nachdem die Kongo-
gesellschaft erklärt hatte, mit dieser Unterstützung den Bau so weit fördern
zu können, daß sie sich selbst erhalten könne.
29. Mai. Der Senat genehmigt die Kongovorlage mit 61
gegen 11 Stimmen bei 6 Stimmenthaltungen.
23. Juni. (Brüssel.) Unterzeichnung des Handelsvertrages
mit Japan.
5. Juli. Neuwahl der Hälfte der Kammer.
Von den neu zu besetzenden 77 Mandaten erhalten die Klerikalen 73,
die Sozialisten und Liberalen je 2, so daß die Kammer aus 111 Kleri-
kalen, 12 Liberalen und 29 Sozialisten besteht. Die Sozialdemokraten
haben an 80000 Stimmen gewonnen.
6. August. (Brüssel.) Major Lothaire wird in dem
Prozesse wegen der Hinrichtung des Händlers Stokes freigesprochen
(vgl. Afrika).
Das Urteil wird in deutschen und englischen Zeitungen sehr abfällig
kritisiert; die „Köln. Ztg.“ polemisiert namentlich lebhaft gegen die in
dem Prozesse aufgestellte Behauptung, Stokes habe mit Erlaubnis der
deutschen Regierung die Araber gegen den Kongostaat mit Munition
versorgt.