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Sechstes Kapitel.
Von besonderen Pflichtverletzungen der zu öffentlichen
Verrichtungen aufgestellten Personen.
Allgemeine Bestimmungen.
Art. 453.
Rechtsanwälte, Notare, Aerzte, Wundärzte, Hebammen, Apotheker, Feldmesser
und andere zur Ausübung einer Kunst vom Staate ermächtigte Personen, Wechsek-
und Waaren-Sensale, öffentliche Boten, welche durch Verübung eines Verbrechens
oder Vergehens die übernommenen besonderen Pflichten verletzen, haben nicht nur
die auf solche Handlungen gesehte Strafe zu erwarten, sondern es trifft sie auch in
Fällen, in welchen Staatsdiener den Verlust des Amtes als Strafe verwirkt hätten,
immerwährende oder zeitliche Entziehung des Rechtes zu Ausübung ihrer Berech-
ligung, ihrer Kunst, oder ihres Gewerbes.
In eintretenden gleichen Fallen wird den gerichtlich aufgestellten Vormündern
und Pflegern das Recht zu Verwaltung eines fremden Vermögens zeitlich oder
bleibend entzogen.
Art. 454.
Wenn eine der im Art. 455 genannten Personen wegen gemeiner Verbrechen
oder Vergehen zu einer Arbeitshausstrafe oder zum Verluste der bürgerlichen Ehren'
und der Dienst-Rechte verurtheilt worden ist, so hat die dem Straffälligen vorgesehte
Collegialstelle in Erwägung zu ziehen, ob ihn die bestrafte That des Vertrauens,
durch welches die Uebertragung einer öffentlichen Berechtigung bedingt wird, unwürdig
gemacht habe, und zutreffenden Falles die zeitliche oder bleibende Entziehung jener
Berechtigung anzuordnen.
Art. 355.
I. Verletzung fremder Geheimnisse.
Rechtsanwälte, Notare, Aerzte, Wundärzte, Apotheker und Hebammen, welchen
vermöge ihres Berufes Privatgeheimnisse anvertraut werden, sind, wenn sie ein solches
Geheimniß Anderen unbefagter Weise mittheilen, auf Klage des Betheiligten, mit
Geldbuße bis zu Einhundert Gulden, in schwereren Fällen mit Gefängniß bis zu
sechs Monaten, zu bestrafen; auch kann in leßteren Fällen zugleich zeitliche Eul'
Glehung der öffentlichen Berechtigung erkannt werden.