Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1855. (32)

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Hiernächst wird der Gefangene dem Verwalter vorgeführt, welcher ihm einen Entlas- 
sungs-, beziehungsweise Transportschein, der zugleich ein Zeugniß über sein Betragen in der 
Strafanstalt enthält, ausfertigt, ihm eine Marschroute vorschreibt, und ihn vor einem Rück- 
fall auf angemessene Weise verwarnt. Zugleich wird bei unbemittelten Gefangenen erfor- 
derlichen Falls (vergl. S. 46) die tarifmäßige Reiseunterstützung verwilligt. 
8. 72. 
Am Tage der Entlassung, welche immer, ohne Ruͤcksicht auf die Stunde der Ein- 
lieferung, Morgens erfolgt, wird der Gefangene, nach dem Genusse der Morgensuppe, von 
dem Aufseher (der Aufseherin) auf das Visitatlonszimmer (§. 4) gefübrt, wo ihm die aus- 
gezeichnete Hauskleidung abgenommen, und seine eigene Kleidung angelegt wird. 
Ist der Gefangene nicht mit einer brauchbaren eigenen Kleidung versehen, so wird ihm 
eine solche aus eigenen Mitteln, und in deren Ermanglung von der Kasse der Strafanstalt 
angeschafft. Hiebei ist er zu untersuchen, ob ihm nicht von Andern verbotene Gegenstände 
zugesteckt worden sind. Sodann wird ihm seine Baarschaft, soweit er solche zur Heimreise 
bedarf, und sein übriges Eigenthum, nebst dem Entlassungsscheine zugestellt. 
Die Umkleidung und Durchsuchung weiblicher Gefangenen geschieht vurch die betreffende 
Ausfseherin. 
5. 73. 
Hierauf erhält der Gefangene seinc wirkliche Entlassung, entweder durch freien Austritt 
aus der Strafanstalt, oder bei verfügtem Transporte, durch Uebergabe an das Oberamt. 
Eine rechtswidrige Verzögerung der Entlassung wird nach Maaßgabe der Art. 432 und 
433 des Strafgesetzbuchs geahndet. 
5. 74. 
Besitzt der Gefangene mehr Geld, als er zur Heimreise nöthig hat, so wird solches der 
Ortsobrigkeit zur weiteren Verfügung übersenvet. 
5S. 75. 
Gefangene, welche nach abgelaufener Strafzeit vurch Krankheit an ver Heimreise gehin- 
dert find, werden bis zu ihrer Genesung in der Strafanstalt verpflegt, und zwar gegen Er- 
satz der Auslagen, sofern viese nicht unter einem Gulden betragen. Der Ersatz ist entweder 
aus den Mitteln des Gefangenen, oder, in deren Ermanglung, aus der Ortzkasse seiner 
Heimathgemeinde zu leisten. 
Stuttgart den 29. Mai 1855. K. Justiz-Ministerium: 
Plessen.
	        
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