fullscreen: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

Greßbritaunien. (August — September.) 201 
Falle einen Krieg zu beginnen. Ein Prediger kann mit großem Ernst 
gegen eine Sünde eifern, aber er ist nicht verbunden, von der Kanzel 
herabzusteigen und einen dicken Prügel zu ergreifen, um den Missethäter 
abzustrafen. Wenn ich daher sage, daß am äußersten Ende von Europa 
ein Krebsschaden vorhanden ist, so will ich damit in keiner Weise geäußert 
haben, daß ich mich für die Rolle des Arztes anbiete, um das Geschwür 
auszuschneiden. (Gelächter und Hört! Hört!) Im Gegenteil, ich halte es 
nicht für wahrscheinlich, daß Ihrer Majestät Regierung irgend etwas thun 
wird, um von der Einheit der Aktion abzugehen, welche durch den Vertrag 
von Paris vorgeschrieben zu sein scheint. Aber nichtsdestoweniger existiert 
die Gefahr und wird fortdauern. Es gibt einen Mittelpunkt der Zersetzung, 
von wo Krankheit und Verfall sich den gesunderen Teilen der europäischen 
Staatengesellschaft mitteilen können. Ich bete ernstlich, daß die Weisheit 
der anderen Mächte ein Mittel finden möge, um die Gefahr, welche schon 
zu lange besteht, zu beseitigen.“ 
August. England und der Thronwechsel in Sansibar (ogl. 
Afrika). 
7. /9. September. (Edinburg.) Kongreß der englischen Ge- 
werkvereine. 
Der Kongreß fordert in einer Resolution Diäten für die Parlamen- 
tarier, Verständigung zwischen den Vereinen und den industriellen Gesell- 
schaften, Beseitigung des Trucksystems, Arbeiterschutz durch Fabrikinspektion, 
Achtstundentag, Nationalisierung des Grund und Bodens, der Eisenbahnen 
und Bergwerke. 
22. September bis 5. Oktober. Besuch des Zarenpaares 
in England. Am 26. hat der Zar eine Zusammenkunft mit Lord 
Salisbury in Balmoral, in der nach den Behauptungen der 
Presse die Vorgänge in der Türkei und die armenische Bewegung 
in England zur Sprache gekommen sein sollen. 
September. Oktober. Offentliche Erörterungen über Arme- 
nien und die Türkei. England und Rußland. 
In der Presse und in Versammlungen wird — vornehmlich während 
der Anwesenheit des Zaren — die armenische Angelegenheit lebhaft dis- 
kutiert und dringend ein Einschreiten gegen die Türkei zum Schutze der 
Christen gefordert. Die Führer der Bewegung find die Geistlichen und 
Gladstone (val. „Ninet. Century"“ Oktober 1896), der in Versammlungen 
und Briefen den Sultan als „großen Mörder“ und vorsätzlichen Urheber 
der Metzeleien bezeichnet und seine Absetzung verlangt; Verhandlungen mit 
ihm nützten nichts, da Rußland ihn schütze. Aehnlich äußert sich der frühere 
Minister des Innern Asquith. Der „Daily Chronicle“ kündigt ein 
baldiges Abkommen zwischen England und Rußland zur Lösung der arme- 
nischen und kretischen Schwierigkeiten an, die russische Presse weist indessen 
diese Behauptungen zurück. — In Regierungskreisen wird gelegentlich die 
antitürkische Agitation getadelt, so sagt der „Standard“: „Jedenfalls 
werden wir alles thun, um dieser Schande des Christentums ein Ende zu 
bereiten. Wie weit die jetzige Agitation dazu nützt, ist etwas zweifelhaft. 
Glaubt jemand, daß Lord Salisbury in der Erfüllung seiner Pflichten be- 
züglich der Lage im Orient des Anreizes bedarf?! Er hegt sicherlich eben
	        
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