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Verfügung des Ministeriums des Innern,
betrefsend die polizeilichen Maßregeln beim Ausbruch der Menschenpocken.
Vom 28. April 1888.
Zur Verhütung der Verbreitung der Menschenpocken wird hierdurch mit Höchster
Genehmigung vom 28. April 1888 unter Aufhebung der bisher noch geltenden §§. der
Verfügung des Ministeriums des Innern vom 18. Oktober 1872 (Neg. Blatt S. 340)
Nachstehendes angeordnet.
I. Feststellung des Ausbruchs der Krankheit.
S. 1.
Der Ausbruch der Menschenpocken ist nach Maßgabe der Ministerialverfügung vom
5. Februar 1872 (Reg. Blatt S. 52) in allen Fällen unverweilt der Ortsobrigkeit (Orts-
polizeibehörde) anzuzeigen. Die Angehörigen von Pockenkranken beziehungsweise diejenigen
Personen, welche die Pflege eines Kranken übernommen haben, werden neben der hienach
ihnen obliegenden Verpflichtung zur Anzeige von jedem einzelnen Pockenerkrankungsfalle
unter Hinweisung auf Art. 25 Ziff. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 1871, betreffend
Aenderung des Polizeistrafgesetzes 2c. 2c., für verpflichtet erklärt, auch von jedem Todes-
fall bei Pockenkranken unverweilt der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen. Diese An-
zeige, welche durch die Anzeige des Todesfalls beim Standesamt nicht ersetzt wird, ist im
Falle der Behandlung des Kranken durch einen approbirten Arzt, Wundarzt oder eine
nicht approbirte Heilperson von den letzteren zu erstatten.
S. 2.
Die Ortspolizei hat die empfangene Anzeige in thunlichst beschleunigter Weise an
den Oberamtsarzt zu befördern, der sich alsbald an den Ort des Krankheitsausbruchs
zu begeben und die Art der Erkrantung zu ermitteln hat. Wird von ihm der Ausbruch
der Pocken festgestellt, so hat er sofort an Ort und Stelle sowohl der Ortspolizeibehörde,
als auch den Angehörigen nach Lage des Falls und unter Beachtung der gegenwärtigen
Verfügung die erforderlichen Weisungen zur Bekämpfung der Krankheit zu ertheilen, auch
eingehende Nachforschungen nach der QOuelle der Einschleppung anzustellen.