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Verfügung des Ministeriums des Innern
über die Wohnungsaussicht. Vom 21. Mai 1901.
Auf Grund der Art. 29a, 32 Ziff. 5 und 51 des Polizeistrafgesetzes vom
27. Dezember 1871 (Reg. Blatt S. 391)
. mi 16858 wPeg.Ulatt S.6/. wird hiemit verfügt, wie folgt:
§. 1.
In sämmtlichen Oberamtsstädten sowie in denjenigen sonstigen Gemeinden, welche
mehr als 3000 Einwohner haben, unterliegen der in den nachstehenden Vorschriften ge-
ordneten besonderen ortspolizeilichen Wohnungsaufsicht:
1) alle aus drei oder weniger Wohnräumen bestehenden Wohnungen,
2) alle Wohnungen, in welche Schlafgänger gegen Entgelt aufgenommen werden,
3) alle zur gewerbsmäßigen Beherbergung von Fremden bestimmten Räume,
4) alle Schlafgelasse der im Hause des Arbeitgebers oder der Dienstherrschaft woh-
nenden Arbeiter, Lehrlinge und Dienstboten.
Als Wohnräume (Abs. 1 Ziff. 1) zählen auch die Küchen.
Die in Aftermiethe gegebenen Wohnräume sind als selbständige Wohnungen zu
betrachten. Räume, welche mit einander in unmittelbarer offener Verbindung stehen, wie
Zimmer und Alkoven, gelten als Ein Raum.
Hof= und Staatsgebäude, sowie Anstalten, welche einer besonderen staatlichen Kon-
trolle unterstehen, sind von der durch die gegenwärtige Verfügung angeordneten orts-
polizeilichen Wohnungsaufsicht ausgenommen.
S. 2.
Behufs der Ausübung der Wohnungsaussicht (. 1) haben die Ortspolizeibehörden
dafür zu sorgen, daß alle dieser Aufsicht unterliegenden Wohnungen, Gelasse und Räume
in regelmäßiger Wiederholung, so oft als dies nach den besonderen Verhältnissen der
einzelnen zu untersuchenden Räume erforderlich erscheint, mindestens aber alle zwei Jahre
einmal zum Zweck der Fernhaltung und Beseitigung erheblicher das Leben, die Gesund-
heit oder die Sittlichkeit gefährdender Mißstände besichtigt werden.
Erlangt die Polizeibehörde auf Grund einer Besichtigung in Verbindung mit der
durch die polizeilichen An= und Abmeldungen der Bewohner ermöglichten Kontrolle oder
auf andere Weise die Ueberzeugung von dem fortdauernden ordnungsmäßigen Zustand