Das Dentsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 18.) 49
eine feindselige Haltung einzunehmen. Eine kräftig aufsteigende Nation,
wie die japanische, die in kurzer Zeit durch unermüdliche Arbeit auf allen
Gebieten staunenswerte Fortschritte gemacht hat, die gezeigt hat, daß sie
ein scharfes Schwert besitzt, kann noch immer auf die Sympathie der
deutschen Nation rechnen. (Beifall.) Ich glaube auch dem hier Ausdruck
geben zu können, daß es demnächst gelingen wird, auch unsere kommerziellen
Verhältnisse zu Japan auf feste und sichere Maßregeln zu stellen; denn die
Wogen, die der Krieg in Ostasien in Bewegung gesetzt hat, werden sich
sobald nicht glätten. Wer wollte heute die Entwickelung der Verhältnisse
in der nächsten Zukunft vorhersagen? Wir haben dort so große Interessen,
daß wir auf der Wacht sein müssen; einmal die Interessen, die wir heute
schon zu schützen haben, die Handelsinteressen, die Schiffahrtsinteressen, die
Interessen unserer Missionare; sodann aber müssen wir entschlossen sein,
an der zukünftigen Entwickelung der dortigen ökonomischen Verhältnisse
pari passu mit andern Mächten teilzunehmen, und zu dieser Aufgabe be-
dürfen wir der Kreuzer. Wenn Sie sich erinnern, welche ernsten Befürch-
tungen beim Ausbruch des japanisch-chinesischen Krieges bezüglich des
Schicksals der Deutschen in Ostafien gehegt wurden, und wenn Sie sehen,
wie wenig diese Befürchtungen sich verwirklicht haben, so danken wir das
in erster Reihe unserer Flotte, die auch dort wie überall in unermüdlichem
Eifer trotz aller Strapazen für die deutschen Interessen eingetreten ist, und
die, wie ich glaube, auch dort sich den Dank der Nation in vollem Maße
erworben hat. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Bebel (Soz.): Die Vermehrung der Flotte sei überflüssig, da
die Auswanderer meist in Gegenden gingen, wo ihnen Deutschland keinen
Schutz durch Schiffe bringen könne. Deutschland habe als Landmacht den
größten Wert auf das Landheer zu legen. An der Vernachlässigung der
Kreuzer sei der übertriebene Bau von Panzerschiffen schuld. Der Ursprung
der Agitation für die Flottenvermehrung sei die Rede des Kaisers vom
18. Januar. Am folgenden Tage spricht Abg. Richter gegen die For-
derungen, Abg. Förster-Neustettin (Antis.) findet die Forderung der Re-
strung noch zu bescheiden. Weltpolitik sei für eine Großmacht unent-
ehrlich.
Hierauf werden die Positionen für 3 Kreuzer und Ersatz Friedrich
der Große gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der freisinnigen und
deutschen Volkspartei bewilligt, die erste Rate für ein Trockendock in Kiel
abgelehnt.
18. März. reuß. Abgeordnetenhaus.) Interpellation
Ring über Maßregeln gegen die Einschleppung von Viehseuchen.
Abg. v. Mendel-Steinfels (dkons.): In Deutschland sei, wie in
Preußen, der Viehbestand verseucht; durch die Maul= und Klauenseuche
allein habe die deutsche Landwirtschaft seit 1878 einen Schaden von mehr
als einer Milliarde gehabt. Man müsse so lange drängen, bis es anders
eworden sei. Welche Verheerung habe die Schweineseuche angerichtet! Die
ungenseuche sei aus Oesterreich veingeschleppt, aus Holland und Dänemark
die Tuberkulose. Gegen letztere müßten besonders scharfe Maßregeln er-
griffen werden; er werde demnächst einen Antrag in dieser Richtung ein-
bringen. Der Kampf sei durchaus nicht aussichtslos, wie der Herr Re-
gierungskommissar dargelegt habe, das beweise die Beseitigung der Rinder-
pest durch energische Grenzsperren. Der Hauptgrund, weshalb wir das
Seuchengespenst nicht loswerden, liege in den halben Maßregeln gegen das
Ausland. Man vergesse den Bismarck'schen Grundsatz, daß man mit einem
Staat politisch sehr gut stehen könne, während man wirtschaftlich sich mit
Europäischer Geschichtskalender. Bd. XXXVII. 4