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86.
Die vorläufige Entlassung ist nur zu beantragen, wenn der Gefangene sich während
der Strafzeit so gut geführt hat, daß eine eingetretene Besserung desselben angenommen
und ihm in Bezug auf sein künftiges Verhalten Vertrauen geschenkt werden kann.
Außer dem Gesamtverhalten des Gefangenen während der Erstehung der Strafe kommt
hiebei sein Vorleben und seine ganze Persönlichkeit in Betracht.
Die vorläufige Entlassung ist ferner nur zu beantragen, wenn eine zureichende
Gewähr dafür gegeben ist, daß der Gefangene an dem Ort, an welchen er entlassen werden
soll (Entlassungsort), Aufnahme und sein Fortkommen, insbesondere Gelegenheit zu ehr-
lichem Erwerb finden werde, und wenn nicht durch die Verhältnisse, in welche er dort
eintreten würde, die Besorgnis begründet ist, daß er zu ungeordneter Lebensweise oder
neuen Gesetzesübertretungen verleitet werden möchte. Der Vorstand der Strafanstalt hat
sich hierüber mit der Ortspolizeibehörde des Entlassungsorts, in geeigneten Fällen auch
mit dem Landesausschuß des Württembergischen Vereins zur Fürsorge für entlassene
Strafgefangene oder mit vertrauenswürdigen Privatpersonen in das Benehmen zu setzen.
86.
Liegen die Voraussetzungen der vorläufigen Entlassung (§ 5) vor, so wird den Be-
hörden, welche gemäß Art. 57 und 58 des Gemeindeangehörigkeitsgesetzes vom 16. Juni 1885
zu einem Antrag auf Versagung des Aufenthalts am Entlassungsort oder zu dieser Ver-
sagung selbst zuständig sind, dringend empfohlen, von dieser Befugnis tunlichst zunächst
keinen Gebrauch zu machen und den Aufenthalt am Entlassungsort wenigstens versuchs-
weise zu gestatten.
§ 7.
Die vorläufige Entlassung erfolgt regelmäßig an einen in Württemberg gelegenen
Ort. Die Wahl eines in einem andern deutschen Bundesstaat gelegenen Entlassungsorts
ist dann zulässig, wenn Gewähr dafür gegeben ist, daß dort von den hiezu berufenen
Behörden oder Fürsorgeorganen die Schutzaufsicht über den Entlassenen übernommen wird.
Die vorläufige Entlassung in das Ausland ist in besonderen Ausnahmefällen unter
der Voraussetzung statthaft, daß gegen den Aufenthalt des Verurteilten am Entlassungs-
ort keine Einwendung erhoben wird und daß es der Strafanstaltsverwaltung durch