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Derfügung des Instizministeriums,
betreffend die Vollstreckung der von den bürgerlichen Gerichten erkannten Freiheitsstrafen.
Vom 29. Dezember 1911.
§1.
Die Vollstreckung gerichtlich erkannter Freiheitsstrafen ist in den Sachen, für
welche die Strafvollstreckung dem Amtsrichter übertragen ist (K. Verordnung vom
25. September 1879, Reg. Bl. S. 361), von demjenigen Amtsrichter, der die Strafe
ausgesprochen oder bei Erlassung des Strafurteils in dem Schöffengericht den Vorsitz
geführt hat, in den anderen Sachen von der Staatsanwaltschaft anzuordnen.
Die Anordnung der Vollstreckung, bei den auf freiem Fuß befindlichen Verurteilten
einschließlich der Bestimmung des Zeitpunkts für den Strafantritt, ist von dem Amts-
richter oder Staatsanwalt selbst zu erlassen und zu unterzeichnen.
§ 2.
Liegt die Strafvollstreckung der Staatsanwaltschaft ob, so hat der Gerichtsschreiber
des Gerichts erster Instanz der Staatsanwaltschaft die nach § 483 der Strafprozeß-
ordnung zu erteilende, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehene, beglaubigte
Abschrift der Urteilsformel mit tunlichster Beschleunigung, womöglich noch am
Tag des Eintritts der Rechtskraft des Urteils, zu übermitteln.
In der Abschrift der Urteilsformel ist zutreffendenfalls auch der Zeitpunkt, und
zwar unter Angabe der Stunde, urkundlich zu bezeichnen, der nach Maßgabe des § 482
der Strafprozeßordnung für die Anrechnung einer seit Verkündung des Urteils er-
standenen Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe entscheidend ist.
83.
Das Gericht erster Instanz hat, wenn es sich um eine Zuchthausstrafe oder um
eine in einer höheren Strafanstalt zu vollziehende Gefängnisstrafe handelt, in Anwen-
dung der Vorschriften in § 2 der Verfügung vom 29. Juni 1875 (Reg. Bl. S. 391)
über die Verpflichtung des Verurteilten zur Leistung eines Ersatzes für die
Kosten der Strafvollstreckung zu beschließen und zutreffendenfalls den Betrag des
zu leistenden Ersatzes festzusetzen.