& 54. Vormundschaft, Pflegschaft und Regentschaft. 435
soweit solche einer Fürsorge bedürfen, einen Pfleger erhalten
(B.G.B. $ 1912), ein künftiges Recht ist auch die Thronin-
haberschaft.
II. Für einen Teil der persönlichen Angelegenheiten eines
fremder Fürsorge bedürfenden Monarchen, für die Regierungs-
rechte desselben, hat das moderne Staatsrecht zum Teil eine
Sondervertretung geschaffen, d. h. dieselbe von der Fürsorge-
befugnis der elterlichen bezw. vormundschaftlichen Gewalt
abgetrennt. Es ist das Rechtsinstitut der Regentschaft, wie es
das Verfassungsrecht von Preußen, Bayern, Sachsen, Würt-
temberg, Meiningen, Altenburg, Koburg-Gotha, Sondershausen,
Reuß a. L. und j. L., Schaumburg-Lippe und Waldeck kennt.
Die Staatsverwesung wegen in Aussicht stehender Geburt
eines nächsten Thronanwärters könnte somit an sich in Form
der Bestellung einer Leibesfruchtspflegschaft geschehen, allein
da solche Fürsorge dem Vormund entzogen ist, darf davon
ausgegangen werden, daß es nicht im Sinne des Gesetzgebers
liegt, eine derartige Wahrnehmung von Regierungsrechten
einem Pfleger zu übertragen. Es hat vielmehr nach Analogie
der Minderjährigkeitsregentschaft eine Leibesfruchtsregent-
schaft stattzufinden.
II. A. Hieraus folgt, daß für den minderjährigen oder
entmündigten Herrscher und für die Leibesfrucht eine doppelte
gesetzliche Vertretung grundsätzlich besteht, eine mütterliche
oder vormundschaftliche oder pflegschaftliche einer- und eine
regentschaftliche andererseits. Für den minderjährigen Mo-
narch handelt ein Vormund und ein Regierungsverweser.
B. Nur dann tritt dies nicht ein, wenn das Gesetz etwa
ausdrücklich bestimmt: der Vormund soll zugleich Regent oder
der Regent zugleich Vormund sein. Ersteres ordnet z. B. das
Staatsgrundgesetz von Reu/s 5. L. $9 hinsichtlich jeder Regent-
schaft an. Letzteres bestimmt die koburg-gothaische Giesetz-
gebung (Verfassung $ 14 und Zusatzgesetz hierzu vom 15. Juli
1899 Art. 2) für die Minderjährigkeitsregentschaft: „Der
Regierungsverweser ist zugleich persönlicher Vormund des
Herzogs"; das sachsen-meiningensche Verfassungsgesetz vom
9. März 1896 Art. 7 tut das gleiche für jede Regentschaft:
„Der Regierungsverweser ist Vormund des Herzogs, obne daß
28”