Full text: Von Potsdam nach Doorn.

Südafrika, die Buren sind unsere Freunde, Deutsch-Südwest ist nicht un- 
interessiert, unsere wirtschaftlichen Aussichten sind groß dort, also nur 
darauflos mit frischem Mut! 
Demselben ‚‚Geiste‘“ entsprang dann die Krüger-Depesche, und als darauf 
der britische Löwe knurrte und die Großmutter den Kaiser warnte, warf 
dieser prompt und mit einem Male seine ganze Südafrika-Politik um, gleich- 
bedeutend mit einer Weltblamage, einem sehr bedeutenden Verlust an po- 
litischem Prestige für das Ansehen des Deutschen Reichs und an persön- 
lichem Prestige für den Deutschen Kaiser. Die englische Freundschaft ge- 
wann freilich der Kaiser auch durch diese seine politische Umkehr zu Groß- 
britannien und seine Abkehr vom Geschick des Burenvolks nicht, aber dabei 
waren auch andere sehr schwerwiegende Ursachen beteiligt, von denen nach- 
her zu sprechen sein wird. Wilhelm II. konnte auch die tiefe nationale, 
völkisch empfundene Erbitterung in Deutschland nicht wieder auslöschen. 
Es half nichts, als er und die Regierungspresse auseinandersetzten, und 
zwar durchaus richtig: es sei doch leicht einzusehen, daß Deutschland ım 
Burenkriege nicht habe intervenieren können. Außerdem müsse das deutsche 
Volk lernen, politisch zu denken und keine Gefühlspolitik zu treiben. Die 
nationalen Zeitungen gaben voll Entrüstung auf solche an sich durchaus 
richtigen Überlegungen die Antwort: warum habe dann der Kaiser bis ein- 
schließlich seiner Depesche seine burenfreundli&he und antienglische Politik 
getrieben, warum habe er den armen Buren Hilfe versprochen und sie an- 
gefeuert ? Darauf gab es dann keine Antwort. 
Die ‚Gelbe Gefahr“ 
Wilhelm II. hatte eine ausgesprochene Abneigung gegen Japan und die 
Japaner und wurde darin unterstützt durch amerikanische Freunde, zumal 
den in Pforzheim geborenen Juden Jakob Schiff von der Neuyorker Bank 
Kuhn & Loeb. Dieser redete dem Kaiser ein, es sei dessen Sache, die Sou- 
veränität und Unabhängigkeit Chinas gegen Japan zu schützen. 
1894/95 führte Japan einen Krieg gegen China und schlug die Chinesen in 
einem glänzenden Feldzug. Gegen die Friedensbedingungen Japans wen- 
deten sich zunächst die im Fernen Osten stark interessierten Mächte, vor 
allem Rußland mit seinen damaligen weitreichenden Expansionszielen und 
Frankreich. Plötzlich ließ sıch der Deutsche Kaiser durch Rußland gewinnen, 
sich dieser Gruppe anzuschließen, in Gestalt eines so starken Druckes auf 
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