Full text: Von Potsdam nach Doorn.

Jahr später, Anfang April 1849, als man keinen Ausweg mehr wußte, fuhr 
eine Deputation von 33 Mitgliedern, an der Spitze die freimaurerischen 
Juden Simson und Rießer, nach Berlin; Simson war der Präsident der 
Bundesversammlung. 
Der König von Preußen begründete seine bekannte Ablehnung in recht 
verschiedenen Formen. In nichtoffiziellen Äußerungen sagte er: „Für die 
Schweinekrone danke er.‘ Und: ‚An dieser Krone hafte der Ludergeruch der 
Revolution.‘‘ Diese Auffassung war ebenso aufrichtig wie die Gründe, die er 
der Frankfurter Abordnung offiziell nannte: ‚Er wollte kein Deutschland 
ohne Österreich.‘‘ Im Grunde genommen fühlte er sich immer noch als Kur- 
fürst des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Der König fürch- 
tete auch, aus seiner Annahme der Kaiserkrone werde sich ein bewaffneter 
Konflikt mit Österreich entwickeln. Schließlich lebten in ihm ähnliche Ge- 
danken wie in seinem Bruder Wilhelm 1870, als dieser so schwere Bedenken 
trug, die deutsche Kaiserwürde anzunehmen. Hinter allen Begründungen, 
die Friedrich Wilhelm für seine Ablehnung angab, hat aber, und wohl als 
Leitmotiv, die innerliche Gewißheit gelegen, daß er den Aufgaben einer 
solchen Stellung nicht gewachsen war. Dazu kam die Haltung eines Teils der 
Bundesfürsten. Der König von Württemberg zum Beispiel, gefragt, wie er 
sich zum Frankfurter Verfassungsentwurf stelle, antwortete: ‚Ich versichere 
Sie, daB ich die ganze Reichsverfassung mit Ausnahme der Oberhauptsfrage 
anerkenne, aber einem Hohenzollern unterwerfe ich mich nicht. Ich bin 
dieses meinem Lande, meiner Familie und mir selbst schuldig.“ 
Hierzu sagte ein radikales, republikanisches Mitglied der Versammlung, 
Karl Vogt: 
„Diese Worte sind der Ausfluß jenes Gottesgnadentums, das in Selbst- 
überschätzung sich nicht daran erinnert, daß die Krone ihm und seiner 
Familie von einem Sprößling der Volkssouveränität, nämlich von Napo- 
leon, aufgedrückt worden ist. (Vorher waren die Könige von Bayern, 
Sachsen und Württemberg Kurfürsten.) 
Wahrlich, meine Herren, wenn der Erbkaiser nur dazu gut wäre, um diese 
verrosteten Ideen in den Köpfen der deutschen Fürsten zu brechen und zu 
Boden zu schmettern — diese Ideen des Gottesgnadentums und der ein- 
gebildeten Rechte, die daraus fließen —, ich würde ihn mit Freuden nur des- 
halb annehmen. Diejenigen, die eine bewaffnete Macht zur Disposition 
haben, hinlänglich, um die Verpflichtungen, die sie für sich, fürihr Haus und 
ihre Familie von Gottes Gnaden erhalten zu haben glauben, zu erfülien und 
zu beschützen, das sind die wahren Feinde der Einheit und Freiheit. Meine 
Herren! Solange Sie solche Fürsten haben, ist kein wahrer Bundesstaat in 
Deutschland möglich. Der Trotz dieser Fürsten muß gebrochen werden.“ 
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