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Reichs-Gesetzblatt.
No. 25.
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(Nr. 652.) Gesetz, betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betriebe
von Eisenbahnen, Bergwerken etc. herbeigeführten Tödtungen und Körper-
verletzungen. Vom 7. Juni 1871.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:
§. 1.
Wenn bei dem Betriebe einer Eisenbahn ein Mensch getödtet oder körper-
lich verletzt wird, so haftet der Betriebs-Unternehmer für den dadurch entstan-
denen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt
oder durch eigenes Verschulden des Getödteten oder Verletzten verursacht ist.
§. 2.
Wer ein Bergwerk, einen Steinbruch, eine Gräberei (Grube) oder eine
Fabrik betreibt, haftet, wenn ein Bevollmächtigter oder ein Repräsentant oder
eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter angenom-
mene Person durch ein Verschulden in Ausführung der Dienstverrichtungen den
Tod oder die Körperverletzung eines Menschen herbeigeführt hat, für den dadurch
entstandenen Schaden.
§. 3.
Der Schadenersatz (§§. 1. und 2.) ist zu leisten:
1) im Falle der Tödtung durch Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung
und der Beerdigung, sowie des Vermögensnachtheils, welchen der Ge-
tödtete während der Krankheit durch Erwerbsunfähigkeit oder Verminde-
rung der Erwerbsfähigkeit erlitten hat. War der Getödtete zur Zeit
seines Todes vermöge Gesetzes verpflichtet, einem Andern Unterhalt zu
gewähren, so kann dieser insoweit Ersatz fordern, als ihm in Folge des
Todesfalles der Unterhalt entzogen worden ist
Reichs-Gesetzbl. 1871. 40 2) im
Ausgegeben zu Berlin den 14. Juni 1871.