Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1874. (8)

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urtheilt ist, nicht vor deren Vollstreckung oder Erlaß eingestellt. Die Zurück- 
stellung solcher Personen ist bis zum fünften Dienstpflichtjahre zulässig. Dasselbe 
gilt von denjenigen, welche nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind, 
für die Zeit, während welcher sie unter der Wirkung der Ehrenstrafe stehen. 
Wenn dieselben jedoch vor Ablauf ihrer aktiven Dienstzeit wieder in den Besitz 
der Ehrenrechte gelangen würden, so kann ihre Einstellung in eine Arbeiter- 
abtheilung unter Anrechnung auf die Dienstzeit erfolgen. 
§. 19. 
In Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse sind Zurückstellungen oder 
Befreiungen vom Militärdienste zulässig. Dieselben werden von den Ersatz- 
behörden auf Ansuchen der Militärpflichtigen oder der Angehörigen derselben 
unter den in den §§. 20 und 21 bezeichneten Voraussetzungen und in dem da- 
selbst bestimmten Maße auf Grund spezieller Prüfung der Verhältnisse an- 
geordnet. § 20 
Auf ein bis zwei Jahre können zurückgestellt und, falls sie nicht nach ihrer 
Loosnummer zu den Ueberzähligen ihres Jahrganges gehören, für das nächste 
Jahr vorgemerkt werden: 
1) die einzigen Ernährer hülfloser Familien, erwerbsunfähiger Eltern, Groß- 
eltern oder Geschwister; 
2) der Sohn eines zur Arbeit und Aufsicht unfähigen Grundbesitzers, Päch- 
ters oder Gewerbetreibenden, wenn dieser Sohn dessen einzige und un- 
entbehrliche Stütze zur wirthschaftlichen Erhaltung des Besitzes, der Pach- 
tung oder des Gewerbes ist; 
3) der nächstälteste Bruder eines vor dem Feinde gebliebenen, oder an den 
erhaltenen Wunden gestorbenen, oder in Folge derselben erwerbsunfähig 
gewordenen oder im Kriege an Krankheit gestorbenen Soldaten, sofern 
durch die Zurückstellung den Angehörigen des letzteren eine wesentliche 
Erleichterung gewährt werden kann; 
4) Militärpflichtige, welchen der Besitz oder die Pachtung von Grundstücken 
durch Erbschaft oder Vermächtniß zugefallen, sofern ihr Lebensunterhalt 
auf deren Bewirthschaftung angewiesen und die wirthschaftliche Erhal- 
tung des Besitzes oder der Pachtung auf andere Weise nicht zu ermög- 
lichen ist; 
5) Inhaber von Fabriken und anderen gewerblichen Etablissements, in wel- 
chen mehrere Arbeiter beschäftigt sind, sofern der Betrieb ihnen erst inner- 
halb des dem Dienstpflichtjahre vorangehenden Jahres durch Erbschaft 
oder Vermächtniß zugefallen und deren wirthschaftliche Erhaltung auf 
andere Weise nicht möglich ist. Auf Inhaber von Handelshäusern ent- 
sprechenden Umfanges sendet diese Vorschrift sinngemäße Anwendung; 
6) Militärpflichtige, welche in der Vorbereitung zu einem Lebensberufe oder 
in der Erlernung einer Kunst oder eines Gewerbes begriffen sind und 
durch eine Unterbrechung bedeutenden Nachtheil erleiden würden. In
	        
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