Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1894. (28)

                                       — 421 — 
     Das Weggeben ungekochter Milch aus Sammelmolkereien kann in Zeiten 
der Seuchengefahr und für die Dauer derselben verboten werden. Ist einer der 
betheiligten Viehbestände unter Sperre gestellt, so darf die Milch nur nach 
erfolgter Abkochung weggegeben werden. 
                   d. Lungenseuche des Rindviehs. 
                                    §. 45. 
    Die Polizeibehörde hat die Tödtung der nach dem Gutachten des beamteten 
Thierarztes an der Lungenseuche erkrankten Thiere anzuordnen und kann auch die 
Tödtung verdächtiger Thiere anordnen. 
    Der Landesgesetzgebung bleibt die Bestimmung überlassen, ob und unter 
welchen Bedingungen eine Schutzimpfung der der Ansteckung ausgesetzten Rindvieh- 
bestände polizeilich angeordnet werden darf.  
                 e. Pockenseuche der Schafe. 
                                   §. 46. 
     Ist die Pockenseuche in einer Schafherde festgestellt, so muß die Impfung 
aller zur Zeit noch seuchenfreien Stücke der Herde angeordnet werden. 
     Auf den Antrag des Besitzers der Herde oder dessen Vertreters kann für 
die Vornahme der Impfung eine Frist gewährt werden, wenn nach dem Gut- 
achten des beamteten Thierarztes die sofortige Impfung nicht zweckmäßig ist. 
     Auch kann auf den Antrag des Besitzers oder dessen Vertreters von der 
Anwendung der Impfung ganz Abstand genommen werden, sofern Maßregeln 
getroffen sind, welche die Abschlachtung der noch seuchenfreien Stücke der Herde 
innerhalb 10 Tagen nach Feststellung des Seuchenausbruchs sichern. 
                                         §. 47. 
     Gewinnt die Seuche eine größere Ausdehnung oder ist nach den örtlichen 
Verhältnissen die Gefahr einer Verschleppung der Seuche in die benachbarten 
Schafherden nicht auszuschließen, so kann die Impfung der von der Seuche 
bedrohten Herden und aller in demselben Orte befindlichen Schafe polizeilich an- 
geordnet werden. 
                                       §. 48. 
     Die geimpften Schafe sind rücksichtlich der polizeilichen Schutzmaßregeln den 
pockenkranken gleich zu behandeln. 
                                      §. 49. 
     Außer in dem Falle polizeilicher Anordnung (§§. 46 und 47) darf eine 
Pockenimpfung der Schafe nicht vorgenommen werden. 
Reichs, Gesetzbl. 1894.                                                 65
	        
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