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Kann dem Schiffsmann in Folge eines Unfalls oder aus anderen Gründen
zeitweilig ein Unterkommen auf dem Schiffe nicht gewährt werden, so ist ihm
ein anderweitiges angemessenes Unterkommen zu verschaffen.
§. 56.
Die dem Schiffsmanne für den Tag mindestens zu verabreichenden Speisen
und Getränke (§. 54) bestimmen sich, soweit nicht ein Anderes vereinbart ist,
nach dem örtlichen Rechte des Heimathshafens und in Ermangelung eines solchen
nach dem örtlichen Rechte des Registerhafens. Der Erlaß näherer Bestimmungen
steht den Landesregierungen im Verordnungswege und, sofern es an einem in-
ländischen Heimathshafen oder Registerhafen fehlt, dem Reichskanzler zu.
Ueber Größe und Einrichtung des Logisraums (§. 55), über die Einrich-
tung von Wasch- und Baderäumen und Aborten an Bord der Schiffe und die
mindestens mitzunehmenden Heilmittel beschließt der Bundesrath. Die Beschlüsse
des Bundesraths sind dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur
Kenntnißnahme vorzulegen.
§. 57.
Der Kapitän ist berechtigt, bei ungewöhnlich langer Dauer der Reise
oder wegen eingetretener Unfälle, eine Kürzung der Rationen oder eine Aenderung
hinsichtlich der Wahl der Speisen und Getränke eintreten zu lassen.
Er hat im Schiffstagebuche zu vermerken, wann, aus welchem Grunde
und in welcher Weise eine Kürzung oder Aenderung eingetreten ist.
Dem Schiffsmanne gebührt eine den erlittenen Entbehrungen entsprechende
Vergütung. Ueber diesen Anspruch entscheidet unter Vorbehalt des Rechtswegs
das Seemannsamt, vor welchem abgemustert wird.
§ 58.
Wenn ein Schiffsoffizier oder nicht weniger als drei Schiffsleute bei einem
Seemannsamte Beschwerde darüber erheben, daß das Schiff, für welches sie an-
gemustert sind, nicht seetüchtig ist, oder daß die Vorräthe, welche das Schiff für
den Bedarf der Mannschaft an Speisen und Getränken mit sich führt, unge-
nügend oder verdorben sind, so hat das Seemannsamt mit möglichster Be-
schleunigung unter Hinzuziehung von erreichbaren Sachverständigen und der orts-
anwesenden Beschwerdeführer eine Untersuchung des Schiffes oder der Vorräthe
zu veranlassen und das Ergebniß in das Schiffstagebuch einzutragen. Auch hat
das Seemannsamt, falls die Beschwerde sich als begründet erweist, für die ge-
eignete Abhülfe Sorge zu tragen.
Kommt der Kapitän den zu diesem Behufe getroffenen Anordnungen nicht
nach, so kann jeder Schiffsoffizier und jeder Schiffsmann seine Entlassung mit
der für den Fall des §. 74 Nr. 1 vergesehenen Wirkung (§. 76) fordern.