Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1904. (38)

e. Formaldehyd. 
Der Formaldehyd ist ein stark riechendes, auf die Schleimhäute der Luft- 
wege, der Nase, der Augen reizend wirkendes Gas, das aus einer im Handel 
vorkommenden, etwa 35 prozentigen wässerigen Lösung des Formaldehyds (Formal- 
dehydum solurum des Arzneibuchs) durch Kochen oder Zerstäubung mit Wasser- 
dampf oder Erhitzen sich entwickeln läßt. Die Formaldehydlösung ist bis zur 
Benutzung gut verschlossen und vor Licht geschützt aufzubewahren. 
Der Formaldehyd in Gasform ist für die Desinfektion geschlossener oder 
allseitig gut abschließbarer Räume verwendbar und eignet sich zur Vernichtung 
von Krankheitskeimen, die an freiliegenden Flächen oberflächlich oder doch nur in 
geringer Tiefe haften. Zum Zustandekommen der desinfizierenden Wirkung sind 
erforderlich: 
vorgängiger allseitig dichter Abschluß des zu desinfizierenden Raumes 
durch Verklebung, Verkittung aller Undichtigkeiten der Fenster und 
Türen, der Ventilationsöffnungen und dergleichen; 
Entwickelung von Formaldehyd in einem Mengenverhältnisse von 
wenigstens 5 Gramm auf je 1 Kubikmeter Luftraum; 
gleichzeitige Entwickelung von Wasserdampf bis zu einer vollständigen 
Sättigung der Luft des zu desinfizierenden Raumes (auf 100 Kubik- 
meter Raum sind 3 Liter Wasser zu verdampfen); 
wenigstens 7 Stunden andauerndes ununterbrochenes Verschlossenbleiben 
des mit Formaldehyd und Wasserdampf erfüllten Raumes; diese 
Zeit kann bei Entwickelung doppelt großer Mengen von Formaldehyd 
auf die Hälfte abgekürzt werden. 
Formaldehyd kann in Verbindung mit Wasserdampf von außen her durch 
Schlüssellöcher, durch kleine in die Tür gebohrte Offnungen und dergleichen in 
den zu desinfizierenden Raum geleitet werden. Werden Türen und Fenster ge- 
schlossen vorgefunden und sind keine anderen Offnungen (zum Beispiel für Ventilation, 
offene Ofentüren) vorhanden, so empfiehlt es sich, die Desinfektion mittels 
Formaldehyds auszuführen, ohne vorher das Zimmer zu betreten, beziehungs- 
weise ohne die vorherigen Abdichtungen vorzunehmen; für diesen Fall ist die 
Entwickelung wenigstens viermal größerer Mengen Formaldehyds, als sie für die 
Desinfektion nach geschehener Abdichtung angegeben sind, erforderlich. 
Die Desinfektion mittels Formaldehyds darf nur nach bewährten Methoden 
ausgeübt und nur geübten Desinfektoren anvertraut werden, die für jeden einzelnen 
Fall mit genauer Anweisung zu versehen sind. Nach Beendigung der Des- 
infektion empfiehlt es sich, zur Beseitigung des den Räumen noch anhaftenden 
Formaldehydgeruchs Ammoniakgas einzuleiten. 
f. Dampfapparate. 
Als geeignet können nur solche Apparate und Einrichtungen angesehen 
werden, welche von Sachverständigen geprüft sind.
	        
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