Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1904. (38)

Auch Notbehelfseinrichtungen können unter Umständen ausreichen. 
Die Prüfung derartiger Apparate und Einrichtungen hat sich zu erstrecken 
namentlich auf die Anordnung der Dampfzuleitung und -ableitung, auf die 
Handhabungsweise und die für eine gründliche Desinfektion erforderliche Dauer 
der Dampfeinwirkung. 
Die Bedienung der Apparate usw. ist, wenn irgend angängig, wohl- 
unterrichteten Desinfektoren zu übertragen. 
g. Siedehitze. 
Auskochen in Wasser, Salzwasser oder Lauge wirkt desinfizierend. Die 
Flüssigkeit muß die Gegenstände vollständig bedecken und mindestens 10 Minuten 
lang im Sieden gehalten werden. 
Unter den angeführten Desinfektionsmitteln ist die Auswahl nach Lage der 
Umstände zu treffen. Es ist zulässig, daß seitens der beamteten Ärzte unter 
Umständen auch andere in bezug auf ihre desinfizierende Wirksamkeit erprobte 
Mittel angewendet werden; die Mischungs- beziehungsweise Lösungsverhältnisse 
sowie die Verwendungsweise solcher Mittel sind so zu wählen, daß der Erfolg 
der Desinfektion nicht nachsteht einer mit den unter a bis g bezeichneten Mitteln 
ausgeführten Desinfektion. 
II. Anwendung der Desinfektionsmittel im einzelnen.) 
1. Die Ausscheidungen der Kranken (Stuhlgang, Urin und Erbrochenes) 
sind mit dem unter Ia beschriebenen verdünnten Kresolwasser oder mit Chlor- 
kalk (lb) oder mit Kalkmilch (lc) oder durch Siedehitze (Ig) zu desinfizieren. 
Die Desinfektionsflüssigkeit ist in mindestens gleicher Menge den Ausscheidungen 
zuzusetzen und mit ihnen gründlich zu verrühren. 
Die Gemische sollen mindestens zwei Stunden stehen bleiben und dürfen 
erst dann beseitigt werden. Von Chlorkalk sind mindestens zwei gehäufte Eßlöffel 
voll in Pulverform auf ½ Liter der Abgänge zuzusetzen und gut damit zu 
mischen. Die so behandelten Abgänge können bereits nach 20 Minuten beseitigt 
werden. 
Zur Reinigung der Kranken benutzte Tücher und dergleichen sind un- 
mittelbar nach dem Gebrauch in verdünntes Kresolwasser (Ia) zu legen, so daß 
sie von der Flüssigkeit vollständig bedeckt sind. Nach Ablauf von zwei Stunden 
können sie ausgewaschen werden. 
Schmutzwässer sind mit Chlorkalk oder Kalkmilch zu desinfizieren, und zwar 
ist vom Chlorkalke so viel zuzusetzen, bis die Flüssigkeit stark nach Chlor riecht, 
von Kalkmilch so viel, daß das Gemisch rotes Lackmuspapier stark und dauernd 
blau färbt. In allen Fällen darf die Flüssigkeit erst nach zwei Stunden ab- 
gegossen werden. Badewässer sind wie Schmutzwässer zu behandeln. 
  
*) Worauf sich die Desinfektion bei Cholera zu erstrecken hat, ist in Nr. 3 Abs. 3 und 7, 
Nr. 6, Nr. 7 Abs. 1 und 2, Nr. 9 Abs. 2, Nr. 11 der Ausführungsbestimmungen bezeichnet.
	        
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