Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1912. (46)

                                                    — 85 — 
                                                       §  307. 
    (1) Wird bei einem Rinde, das sich auf dem Transport oder auf einem 
Markte befindet, das Vorhandensein der Tuberkulose festgestellt oder als in hohem 
Grade wahrscheinlich ermittelt, so hat die Polizeibehörde die Weiterbeförderung zu 
verbieten und die Absonderung des Tieres anzuordnen, sofern der Besitzer nicht vor- 
zieht, es sofort schlachten zu lassen. 
   (2) Auf Antrag des Besitzers oder seines Vertreters kann die Polizeibehörde 
nach Aufnahme des Tatbestandes und, sofern es zur Vermeidung von Verwechslungen 
erforderlich ist, nach Kennzeichnung des Rindes (§ 306) dessen Weiterbeförderung an 
einen anderen Ort zum Zwecke der Schlachtung oder Absonderung gestatten. Wird 
die Erlaubnis zur Überführung in einen anderen Polizeibezirk erteilt, so ist die Polizei- 
behörde des Bestimmungsorts von dem bevorstehenden Eintreffen des Tieres rechtzeitig 
zu benachrichtigen. 
                                                     § 308. 
   (1) Die Schlachtung oder das Verenden eines der Absonderung unterworfenen 
Rindes hat der Besitzer der Polizeibehörde sofort anzuzeigen. Im Falle der Schlachtung 
hat die Fleischbeschau durch einen Tierarzt zu geschehen, der den Befund der Polizei- 
behörde alsbald mitzuteilen hat. 
    (2) Wird die Schlachtung in einem anderen Polizeibezirk als dem des bis- 
herigen Standorts des Rindes vorgenommen, so ist die Polizeibehörde des Schlachtorts 
von dem bevorstehenden Eintreffen des Tieres rechtzeitig zu benachrichtigen. 
                                                            § 309. 
  Wenn der Besitzer eines Rindes die polizeilich angeordneten Verkehrs- und 
Nutzungsbeschränkungen übertritt, so kann die Polizeibehörde die sofortige Tötung 
des Tieres anordnen. 
                                                             §  310. 
       Die wegen hoher Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins der Tuberkulose ge- 
troffenen Anordnungen sind wieder aufzuheben, sofern nach amtstierärztlichem Gut- 
achten die Krankheitserscheinungen, die das Vorhandensein der Tuberkulose in hohem 
Grade wahrscheinlich machten, verschwunden sind. 
                            b) Verfahren bei einfachem Tuberkuloseverdachte. 
                                                                  § 311. 
   (1) Rinder, bei denen der einfache Verdacht der Tuberkulose festgestellt ist 
(§ 300 Abs. 1), sind nach Maßgabe des § 304 Abs. 2 von anderen Rindern abzu- 
sondern, bis ihre Schlachtung erfolgt oder ihre Unverdächtigkeit festgestellt ist. 
  (2) Die abgesonderten Tiere unterliegen folgenden Verkehrs- und Nutzungs- 
beschränkungen: 
  a) Ihre Unterbringung an einem anderen Standplatz darf, abgesehen von 
Notfällen, ohne polizeiliche Genehmigung nicht erfolgen. 
  b) Die Milch von Kühen, die der Eutertuberkulose verdächtig sind, darf, 
gleichviel ob ein oder mehrere Viertel des Euters der Erkrankung an 
                                                                                                                                   12*
	        
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