Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1914. (48)

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Werden Papiere nachträglich gefunden, oder sind solche in Gegenwart von 
Zeugen vernichtet oder über Bord geworfen worden, so sind Verhandlungen darüber 
mit den Zeugen aufzunehmen und dem Prisenamt mit vorzulegen. 
109. Über die an Bord vorgefundenen Gelder und Wertsachen ist ein gemäß 
108 unterschriftlich zu vollziehendes Verzeichnis, von dem der Kapitän Abschrift er- 
hält, aufzusetzen und später an das Prisenamt abzuliefern. 
Der Kommandant hat durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, daß sich 
niemand etwas von der Ladung, dem Schiffsinventar und den Schiffsvorräten an- 
eignen kann. Schiff, Inventar, Vorräte und Ladung sind, soweit die personellen 
und materiellen Hilfsmittel es gestatten, mit der größten Sorgfalt zu behandeln 
und zu verwalten. 
110. S. M. Schiffe und verbündete Kriegsschiffe und genommene Prisen können 
im Bedarfsfalle gegen Empfangsbescheinigung aus der Ladung, dem Inventar und den 
Vorräten aufgebrachter feindlicher Schiffe ihren Bedarf ergänzen, soweit die Gegen- 
stände nicht einwandfrei als neutrales Gut erwiesen sind. 
Gegenüber neutralen Schiffen ist dieses nur zulässig;, wenn entweder der 
Kapitän bewogen werden kann, den Bedarf käuflich oder auf Grund der Nr. 46 zu 
überlassen, oder es sich um Gegenstände handelt, die der Einziehung unterliegen und 
auf Grund der Nr. 117 oder 121 unter Zerstörung oder Freigabe des neutralen 
Schiffes an Bord genommen sind. Zuwiderhandlungen würden berechtigte Rekla- 
mationen der betreffenden neutralen Macht zur Folge haben. 
Über Entnahme durch die eigene Prisenbesatzung s. 127. 
111. Der Kommandant sorgt für die möglichst schnelle und sichere Ein- 
bringung des Schiffes in einen deutschen Hafen oder in den einer verbündeten Macht. 
In einen neutralen Hafen darf eine Prise nur eingebracht werden, wenn die 
neutrale Macht die Einbringung von Prisen gestattet. Einen neutralen Hafen an- 
laufen darf eine Prise stets wegen Seeuntüchtigkeit, wegen ungünstiger See sowie 
wegen Mangels an Feuerungsmaterial oder an Vorräten. Sie muß in diesen 
letzteren Fällen wieder auslaufen, sobald die Ursache, die das Einlaufen rechtfertigte, 
weggefallen ist. 
Der Kommandant erteilt dem Prisenoffizier einen entsprechenden schriftlichen 
Reisebefehl und setzt das Prisenkommando so zusammen, daß dem Prisenoffizier die 
Einbringung des Schiffes möglich ist. 
112. Der Kommandant ist berechtigt, ein gemäß 10 bis 16b als feindliches 
aufgebrachtes Schiff als Hilfsschiff zu verwenden oder es, wenn seine Einbringung 
ihm unzweckmäßig oder unsicher erscheint, zu zerstören. Das gleiche gilt für ein 
gemäß 56 aufgebrachtes Schiff, falls die Sicherheit besteht, daß eine neutralitäts- 
widrige Unterstützung der schweren Art vor dem Prisengericht erwiesen werden kann. 
Die Umwandlung in ein Kriegsschiff ist an die Bedingung des 2. Haager 
Konferenz= Abkommens VII geknüpft. 
113. Der Kommandant ist nur dann berechtigt ein gemäß 39 wegen 
Konterbande oder gemäß 77, 78 wegen Blockadebruches oder gemäß 51 wegen 
neutralitätswidriger Unterstützung aufgebrachtes neutrales Schiff zu zerstören, wenn es
	        
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