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§ 4
Die Reichskartoffelstelle kann die Lieferung der von ihr festgesetzten und
dem Bedarfsverbande zugewiesenen Kartoffelmengen einem Überschußverband oder
einer Vermittlungsstelle (§ 7) übertragen. Die Bedarfsverbände sind verpflichtet,
die zugewiesenen Kartoffelmengen am Verladeort abzunehmen oder die Abnahme
durch den Abschluß von Lieferungsverträgen mit der ihnen bezeichneten Stelle
sicherzustellen. Den Bedarfsverbänden gleich stehen die Heeresverwaltungen, die
Marineverwaltung, die Reichsbranntweinstelle und die Trockenkartoffel-Verwertungs-
gesellschaft.
Die Reichskartoffelstelle oder die von ihr beauftragten Stellen bestimmen,
welche Mengen und zu welchen Zeiten Kartoffeln aus einem Kommunalverband
an die Reichskartoffelstelle oder die von ihr bestimmten Stellen abzugeben sind.
Die Reichskartoffelstelle schreibt die Bedingungen der Lieferung und Ab-
nahme vor.
§ 5
Der Reichskanzler kann Grundsätze über die Verpflichtung der Kommunal-
verbände und der Kartoffelerzeuger zur Sicherstellung und Abgabe von Kartoffeln
aufstellen und das Verfüttern von Kartoffeln und Erzeugnissen der Kartoffel-
trocknerei und der Kartoffelstärkefabrikation beschränken oder verbieten. Er kann
nähere Bestimmungen über die Verpflichtung der Kartoffelerzeuger treffen und
bestimmen, daß Zuwiderhandlungen dagegen sowie gegen die zu ihrer Durchführung
ergehenden Anordnungen der zuständigen Behörden mit Gefängnis bis zu sechs
Monaten oder mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft werden,
und daß neben der Strafe die Vorräte, auf die sich die strafbare Handlung
bezieht, eingezogen werden können, ohne Unterschied, ob sie dem Täter gehören
oder nicht.
§ 6
Die Kommunalverbände haben die übernommenen Mengen durch Einmieten
oder Einlagern sorgfältig aufzubewahren, soweit sie diese nicht verteilen. Das
Einmieten und Einlagern sowie die zur Erhaltung der Kartoffelmengen sonst
nötigen Maßnahmen haben unter Zuziehung von Sachverständigen zu erfolgen.
Die Landeszentralbehörden treffen die näheren Bestimmungen.
Die Kommunalverbände und die Vermittlungsstellen (§ 7) können in ihrem
Bezirke zum Einmieten geeignete Flächen und Lagerräume für das Einlagern in
Anspruch nehmen.
Die Vergütung setzt die höhere Verwaltungsbehörde fest und entscheidet
über Streitigkeiten. Ihre Entscheidung ist endgültig.
§ 7
Die Landeszentralbehörden haben für ihren Bezirk oder Teile ihres Be-
zirkes bis zum 1. August 1916 Vermittlungsstellen (Landeskartoffelstellen, Pro-
vinzialkartoffelstellen) einzurichten. Die Vermittlungsstellen sind Behörden. Die
Landeszentralbehörden treffen die näheren Bestimmungen.