Reichs-Gesetzblatt 4
Jahrgang 1917
Nr. 202
Inhalt: Gesetz zur Vereinfachung der Strafrechtspflege. S. los7.
Das Gesetz zur Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 21. Ok-
rober 1917 ist in Nr. 186 des Reichs-Gesetzblatts für 1917 (S. 957).
versehentlich unvollständig veröffentlicht worden. Nachstehend wird die
vollständige Fassung veröffentlicht.
(Nr. 6133) Gesetz zur Vereinfachung der Strafrechtspflege. Vom 21. Oktober 1917.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen 2c.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats
und des Reichstags, was folgt:
Artikel I
Das Gerichtsverfassungsgesetz wird dahin geändert:
1. Der § 29 wird durch folgende Vorschrift ersetzt:
Der Staatsanwalt kann für Vergehen, die zur Zuständigkeit der
Strafkammer gehören, vorbehaltlich der Vorschrift im § 74 des Gerichts-
verfassungsgesetzes, die Zuständigkeit des Schöffengerichts dadurch be-
gründen, daß er bei Einreichung der Anklageschrift die Eröffnung des
Hauptverfahrens vor dem Schöffengerichte beantragt.
Die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Schöffengerichte soll
nur dann beantragt werden, wenn keine schwerere Strafe als Gefängnis
oder Festungshaft von sechs Monaten oder Geldstrafe, allein oder
neben Haft oder in Verbindung miteinander oder mit Nebenstrafen,
und keine höhere Buße als eintausendfünfhundert Mark zu erwarten ist.
Erhebt bei Juwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die
Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle die Verwaltungsbehörde die
öffentliche Klage, so kann sie die Zuständigkeit des Schöffengerichts in
gleicher Weise begründen wie der Staatsanwalt.
2. Der 9 75 wird gestrichen.
Reichs-Gesetzbl. 1917. 232
Ausgegeben zu Berlin den 15. November 1917.