Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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3. Einzelne Rechtel). 
a) Religionsfreiheit. 
Jedem Einwohner wird vollkommene Freiheit des Gewissens 
und des religiösen Glaubens, auch das öffentliche Bekenntniß 
desselben in einer der im Staate jetzt gestatteten kirchlichen Gesell- 
schaften?), gewährt 3); Niemand darf jedoch seine Religion vorschützen, 
um sich einer gesetzlichen Verpflichtung zu entziehen. Aeußere 
Religionsübung ist der Oberaufsicht des Staates unterworfen“). 
1) Über die rechtliche Natur der in den folgenden Paragraphen aufgeführten 
„Grundrechte“ oder „individuellen Freiheitsrechte“, subjektive Rechte oder nur 
objektive Schranken der Regierungsgewalt? ist in neuerer Zeit viel gestritten. 
Siehe die Literaturnachweise bei Laband, Bd. 1, S. 138 f., G. Meyer, § 216 
ferner: Arndt, Staatsrecht, § 11, S. 47, Seydel in Annalen des öffentlichen 
Rechts (1900), S. 365 f. Auch: Mansfeld, Der publizistische Reaktions- 
anspruch und sein Rechtsschutz im Herzogtum Braunschweig, 1895, S. 13 
bis 17. Gegen die zur Begründung des „publizistischen Reaktionsanspruchs"“ 
aufgestellte Ansicht, daß der Staat über die Privatrechte der Individuen ad 
libitum disponieren könne, ohne daß er damit die Privatrechtsordnung umstürze 
und daß, wenn er es nicht tue und die öffentliche Gewalt durch Rechtsregeln 
beschränke, der Schutzgrund gegen Willkürlichkeiten in eben dieser Beschränkung, 
d. h. im öffentlichen Recht, nicht im Privatrecht liege (S. 12), vgl. 
Übrigens die Ausführungen des Oberlandesgerichts in Zeitschrift für Rechts- 
pflege, Bd. 44, S. 187. 
2) Der zweite Entwurf der N. L.-O. enthielt am Schluß des § 29 einen 
Zusatz, laut dessen die Rechtsverhältnisse der Juden durch ein besonderes Gesetz 
geordnet werden sollten — eine Zusicherung, die schon im Landtagsabschiede 
von 1823, Art. 56 erteilt war. Jener Satz ist jedoch auf Antrag der Kom- 
mission gestrichen, weil er den Anspruch auf eine gesetzliche Bestimmung begründe, 
die schon früher große Schwierigkeiten gefunden habe, indem die Grenze einer 
Beschränkung der Juden nach den verschiedenen, dermalen über ihren Einfluß 
herrschenden Ansichten schwer zu bestimmen sei (Protokoll vom 6. Juli 18329. 
Auch in der Plenarsitzung vom 4. September 1832 entschied man sich ungeachtet 
einiger inzwischen eingegangenen Vorstellungen der jüdischen Gemeinde dahin, 
daß in den Bestimmungen des Grundgesetzes alles vermieden werden mlüssse, 
was einer künftigen Ordnung störend in den Weg treten könne, hielt es aber, 
da die Regierung einen umfassenden Gesetzesvorschlag über die Verhältnisse der 
Juden im allgemeinen den künftigen Ständen vorzulegen verheißen habe, für 
rätlich, daß diese Zusage in den Landtagsabschied aufgenommen und wegen des 
fortdauernden Genusses der Rechte, in deren Besitz die Juden sich gegenwärtig 
schon befänden, eine Versicherung hinzugefügt werde. Demgemäß genehmigte
	        
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