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aussage festgestellt, daß ein früheres Schiedsgericht über die
zwischen dem Phrynion und dem Stephanos streitige Neaira
in der Art entschieden habe, daß sie jedem von beiden
abwechselnd angehören solle (Demosth. Rede gegen Neaira
pag. 1360. 1361). Ein anderes Beispiel ist das bekannte,
daß der Redner Hypereides, Zeitgenosse und Freund des
Demosthenes, dadurch, daß er der wegen Religionsentweihung
angeklagten Hetäre Phryne vor den Richtern den Busen
enthüllte, ihre Freisprechung herbeiführte. Derselbe Hypereides
hielt übrigens selbst drei Hetären, eine in Athen, eine im
Peiraieus und eine auf seinen Gütern in Eleusis (Plutarch,
zehn Redner, 9, Hypereides). Auch in Hellas gab es ver—
schiedene Klassen von Hetären. Die niedrigste wohnte teils
in Wirtshäusern der Hafenplätze, die daher höchst verrufen
waren, teils in eigentlichen Bordellen, porneia, welche
Anstalten der Staat nicht nur duldete, sondern sogar von
sich aus errichtete, indem er von den darin lebenden Personen
eine Steuer erhob, ja sogar sie zu Asylen stempelte, in die
kein Störenfried eindringen durfte. Der Eintrittspreis in
diese Lasterhöhlen, die — für uns ungeheuerlich — als
Abzeichen einen gemalten oder ausgehauenen Phallos hatten,
betrug einen Obolos (etwa 12 Pf.) wozu für den Genuß
noch 2 Oboloi oder 1 Drachme (80 Pf.) kamen. Die nächst-
höhere Klasse (wenn man so sagen darf) befand sich in schein-
baren Privathäusern, in welchen Männer oder Frauen, Kuppler
und Kupplerinnen (pornoboskoi) Dirnen hielten, die sie auch
wohl für ihre Frauen oder Töchter ausgaben, zeitweise an
Lüstlinge vermieteten oder gar verkauften, Fremde anlockten
und wenn diese Gimpel anbissen, sie unter der Drohung
der Anklage auf Verführung in schamlosester Weise brand-
schatzten. Diese beiden Klassen (pornai) rekrutierten sich
meist aus den ausgesetzten Mädchen und den Sklavinnen;
es gab aber unter ihnen Einzelne, welche geistig und sittlich
höher standen und auch bisweilen eine ehrenhaftere Stellung