Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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wandelte sich durch die herrschende Unsittlichkeit sehr oft in 
herausforderndes und verführerisches Benehmen. Noch schlimmer 
war es, daß Männer ihre Frauen und Väter ihre Töchter 
um Geld oder Gunst preisgaben. 
Um so weniger war Mangel an Kupplern und Kupp 
lerinnen, welche den lüsternen Männern oder Frauen Gelegen— 
heit zur Befriedigung ihrer Begierden verschafften. Gerne 
gab man den Gästen in den Burgen eine Bettgenossin. 
Neben solchen momentanen Verbindungen gab es aber auch 
andauernde. Die Genossen derselben nannte man amis 
(ami, Freund) und amie (Freundin), und es war gleichgültig, 
ob sie verheiratet waren oder nicht, so daß sie ungescheut 
wie Mann und Frau lebten und dies Verhältnis ihrem Rufe 
nicht schadete. Anders war es, wenn sich der Ehemann 
einer amie ihr Verhältnis nicht gefallen ließ oder dasselbe 
erst entdeckte; dann durfte er den Nebenbuhler ungestraft 
erschlagen (oder auch entmannen), was oft unter Anwendung 
arger Grausamkeit geschah, — oder wenn der amis starb 
was seiner Geliebten arge Demütigungen zuziehen konnte. 
Reiche Ritter und Fürsten hielten sich oft förmliche Harems 
so z. B. Kaiser Friedrich II. in Sizilien und Ritter Ulrich 
von Berneke. Allgemein war die Freude an lüsternen Geschichten, 
von den schalkhaften im frommen Parzifal bis zu dem völlig 
auf dem Ehebruch beruhenden Meisterwerke „Tristan und 
Isolde.“ 
Waren aber die Gedichte des 12. und 13. Jahrhunderts, 
wenigstens soweit sie litterarischen Wert hatten, noch mit dem 
Schimmer der Poesie umkleidet, so wurden die Schwänke 
der kunstlosen Zeit des 14. und 15. Jahrhunderts und die 
gleichzeitigen, in das Gebiet der Prostitution fallenden Ab- 
bildungen vollends schamlos und gemein. Diese letzteren 
zeigen uns, daß geradezu alle dem öffentlichen Leben dienenden 
Orte mehr oder weniger von Unzucht angesteckt waren oder 
zu solcher leicht Anlaß bieten konnten. Dies gilt namentlich
	        
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