Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Wehrpflicht. (§. 54.) 99 
Erlaß der Ausführungsbestimmungen. Nach Erlaß des Gesetzes v. 9. Nov. 1867 war 
zunächst vom König von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes, unter Gegen- 
zeichnung des Bundeskanzlers und des preußischen Kriegsministers, die Militärersatz= 
instruktion für den Norddeutschen Bund v. 26. März 1868 erlassen worden, welche die 
Bestimmungen zur Ausführung der auf die Wehrpflicht im allgemeinen und auf die 
Heeresergänzung bezüglichen Vorschriften des Gesetzes v. 9. Nov. 1867 enthielt. Die 
Stelle von Ausführungsverordnungen zu den auf die Reserve und Landwehr bezüglichen 
Bestimmungen des gedachten Gesetzes vertraten die zunächst nur für Preußen erlassenen, 
sodann aber gemäß Art. 63, Abs. 5 der Reichsverfassung, beziehungsweise auf Grund 
der Militärkonventionen in den übrigen Bundesstaaten eingeführten Verordnungen v. 
5. Sept. 1867, betreffend die Organisation der Landwehrbehörden und die Dienstverhält- 
nisse der Mannschaften des Beurlaubtenstandes? und v. 4. Juli 1868, betreffend die 
Dienstverhältnisse der Offiziere des Beurlaubtenstandes. Sowohl die Militärersatzinstruktion 
v. 26. März 1868, als auch die Verordnungen v. 5. Sept. 1867 und v. 4. Juli 1868, 
sind indes ersetzt worden durch die mittelst der beiden Orders v. 28. Sept. 1875 ge- 
nehmigte deutsche Wehrordnung und die sie nach der militärisch-technischen Seite er- 
gänzende Heerordnung.? Die deutsche Wehrordnung bildet die vom Kaiser unter 
Gegenzeichnung des Reichskanzlers erlassene Ausführungsverordnung zu dem Gesetze v. 
9. Nov. 1867 über die Verpflichtung zum Kriegsdienste, zu den Abschn. II, IV und V. 
des Reichsmilitärgesetzes v. 2. Mai 1874, zu dem Reichsgesetze v. 15. Febr. 1875, be- 
treffend die Ausübung der militärischen Kontrolle über die Personen des Beurlaubten-= 
standes, die Üobungen derselben, sowie die gegen sie zulässigen Disziplinarstrafmittel, so- 
wie zu den später erlassenen Militärgesetzen, insbesondere zu dem organisatorisch so wich- 
tigen Gesetze v. 11. Febr. 1888.3 Die Heerordnung, welche die spezifisch militürischen 
Ergänzungen zur deutschen Wehrordnung enthält, ist von dem König von Preußen, 
unter Gegenzeichnung des preußischen Kriegsministers, zunächst für das preußische Heer, 
einschließlich der in preußischer Verwaltung stehenden Kontingente, erlassen, demnächst 
aber in Gemäßheit des Art. 63, Abs. 5 der Reichsverfassung, beziehungsweise der Militär- 
konventionen, auch für die Kontingente von Sachsen und Württemberg und ebenso für 
Bayern in Kraft gesetzt worden. Eine durchgreifende Umgestaltung der Wehr= und Heer- 
ordnung erfolgte in den Verordnungen v. 22. November 1888 (Zentralbl. f. d. D. 
R. 1889, S. 1 ff.); dazu ergingen abermals wiederholte Abänderungen, die zu der Neu- 
redaktion führten, welche als Beilage zu Nr. 32, Zentralbl. 1901 publiziert ist; dazu 
für die Marine die Marineordnung v. 19. Nov. 1889, Neuredaktion v. 12. Nov. 
1894 (Marineverordnungsbl. S. 265 ff.). Die Heerordnung ist nicht nur für Bayern, 
sondern auch für Sachsen und Württemberg selbständig von den Kontingentsherren er- 
lassen worden. Eine abermalige umfangreiche Abänderung der deutschen Wehrordnung 
ist erfolgt durch kaiserl. Verordn. v. 25. März 1904 (Zentralbl. f. d. D. N. 1904, 
S. 85 ff.), endlich durch K. V. v. 6. Mai 1905 (a. a. O. 1905, S. 118). 
III. Der Grundsatz des Art. 57 der Reichsverfassung, daß jeder Deutsche wehr- 
pflichtig ist und sich in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen kann, welchen das 
Reichsgesetz v. 9. Nov. 1867 im §. 1, Abs. 1 wiederholt ausspricht, erleidet nur zwei 
  
deutscher Einzelstaat, insbesondere nicht Deutsche Reich 1875, Nr. 41 und auch abgedruckt 
Sachsen, militärische Sonderrechte im im M. Bl. d. i. Verw. 1876, Beilage zu Nr. 1. 
Sinne von Art. 78, Abs. 2, d. Reichsverf. 4 Die deutsche Wehrordnung zerfällt in zwei 
Wohl aber greifen die Militärkonventionen Teile, nämlich die Ersatzordnung und die Kon- 
Preußens mit den sämtlichen übrigen Einzel= trollordnung. Sic wiederholt die Bestimmungen 
staaten tief in das Reichsrecht ein. Diese wich: der Gesetze, zu welchen sie sich als Ausführungs- 
tigen und teilweise sehr umstrittenen Fragen sind verordnung verhält, im Wortlaute und in ihrem 
dem Reichsstaatsrecht zu überlassen, s. die Werke inneren Zusammenhange gruppiert, indem sie die 
v. Laband, Zorn, Arndt, G. Meyer. erforderlichen Ausführungebestimmungenergänzend 
1 Vgl. dieselbe in Koller, Archiv des Nordd. hinzufügt. 
Bundes, Bd. 1, S. 459 ff. 5 Laband, Bd. IV, S. 94, 125. Der selb- 
* Bgl. Militärwochenbl. 1867, Nr. 81, S. ständige Erlaß der Heerordnung auch in Sachsen 
175 ff. u. Württemberg beruht auf der selbständigen 
  
* Publiziert durch das Zentralblatt für das! Militär verwaltung dieser Staaten. 
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