110 Das Staatsbürgerrecht. (8. 54.)
treten stets in die jüngste Jahresklasse der Reserve ein (8. 62, Abs. 3, a. a. O.). Die
Reserve- und Landwehrpflicht derjenigen Mannschaften, welche der Ersatzreserve an-
gehört haben (§. 50), ist so zu bemessen, als wenn sie im ersten Jahre ihres dienst-
pflichtigen Alters ausgehoben wären! (§. 62, Abs. 4 a. a. O.). Personen des Beurlaubten-
standes, welche nach erfolgter Auswanderung vor vollendetem 31. Lebensjahre wieder
naturalisiert werden 2, treten in denjenigen Jahrgang, welchem sie ohne die stattgehabte
Auswanderung angehört haben würden, wieder ein (§F. 68 a. a. O.).
V. Die Mannschaften des Beurlaubtenstandes unterliegen der gesetzlich ge-
ordneten Kontrolle nach Maßgabe der Vorschriften des Gesetzes v. 15. Febr. 1875
nebst dessen Ergänzungen, deren nähere Ausführung die 8§. 105 ff., besonders 113—115
der Wehrordnung enthalten.
Diese erfolgt in der Regel auf Kontrollversammlungen (Wehrordnung, §. 115).
Nur die Land= und Seewehrleute des zweiten Aufgebotes dürfen im Frieden nicht zu Kon-
trollversammlungen herangezogen werden (G. v. 11. Febr. 1888, §§. 4, 21). Die Land-
und Seewehrleute des ersten Aufgebotes sowie die Ersatzreservisten können alljährlich ein-
mal, die übrigen Mannschaften des Beurlaubtenstandes zweimal zu Kontrollversammlungen
einberufen werden (Kontrollges. §. 1, G. v. 11. Febr. 1888, §. 12). Die Einberufung
erfolgt in der Regel durch öffentliche Aufforderung; Dispensation ist aus Gründen der
Billigkeit zu erteilen, wenn militärische Interessen nicht entgegenstehen. Mannschaften der
Reserve, welche sich der Kontrolle länger als ein Jahr entziehen oder eine Order zum
Dienste ohne anerkannte Entschuldigung unbefolgt lassen, können, abgesehen von der etwa
noch anderweit über sie zu verhängenden Strafe 3, unter Verlängerung ihrer Dienstzeit in
die nächst jüngere Jahresklasse versetzt werden. Dauert die Kontrollentziehung zwei Jahre
und darüber, so können sie entsprechend weiter zurückversetzt werden" (§. 67 a. a. O.).
Die Kontrolle ist militärischer Dienst während des ganzen Tages, an dem die Versamm-
lung stattsindet (R. Mil. G., §. 38). Die Kontrolle wird von der Entscheidung über
die Dienstpflicht ab — vorher vom Eintritt der Militärpflicht ab durch die Ersatz-
behörden — ausgeübt durch die Landwehr-Bezirkskommandos, denen Hauptmelde-
ämter, Meldeämter und Bezirksfeldwebel unterstehen und denen die Zivilbehörden,
insbesondere die Polizeibehörden gemäß Anl. 3 zu Wehrordnung, §. 106 jede erforderliche
Unterstlitzung zu leisten haben (R. Mil. G., §. 70, Wehrordnung, §. 106). Die Grundlage
der Kontrolle bilden die Landwehrstammrollen, die nach Waffengattungen zu
führen und in Jahresklassen abzuteilen sind; von jedem Wohnungswechsel und von
jeder mehr als vierzehntägigen Reise ist dem Bezirksfeldwebel Mitteilung zu machen
(Kontrollges. 8. 2). Zuwiderhandlungen gegen die Meldungsvorschriften werden mit Geld
bis 60 Mark oder Haft bis acht Tage bestraft; die Strafe wird durch das Landwehr-
bezirkskommando verhängt (Kontrollges., §§S. 6, 7). Die Kontrolle über die in der
Kolonie Südwestafrika sich dauernd aufhaltenden Mannschaften des Beurlaubtenstandes
führt das Kommando der dortigen Schutztruppe, dessen Mitteilungen an die Kolonial=
abteilung, von hier an das preuß. Kriegsministerium und durch dieses an die betreffenden
inländischen Bezirkskommandos gehen (kais. Ver. v. 30. März 1897, R. G. B., S. 167,
§. 8). Über die Kontrolle der ausgehobenen Rekruten bis zur Einstellung s. Wehrordnung,
§. 80, und hinsichtlich ihrer Unterwerfung unter die Vorschriften des Militärstrafgesetzbuches
über unerlaubte Entfernung, Fahneuflucht, Selbstbeschädigung, Militärges. §. 60, Abs. 3.
VI. Bei notwendigen Verstärkungen oder Mobilmachungen des Heeres werden die
Mannschaften des Beurlaubtenstandes nach Bedarf in den Grenzen des Gesetzes v.
9. Nov. 1867 5 zur Fahne einberufen, und zwar, soweit die militärischen Interessen es
1 Hierdurch ist ausgedrückt, daß die Gesamt-“ „ Mil. Str. G. B. S. 113.
dienstpflicht vom 1. Okt. desienigen Jahres an 4 Die Entscheidung hierüber steht dem Land-
zu rechnen ist, in welchem die Betreffenden das wehrbezirkskommandeur zu (Wehrordnung, §. 11,
20. Lebensjahr vollendet haben. Ziff. 4).
* R. G. v. 1. Juni 1870 über die Erwerbung 5 85. 5, 6 u. 8 des G. v. 9. Nov. 1867,
und den Verlust der Reichs= und Staatsangehörig= jetzt mit den Ergänzungen des G. v. 15. April
keit §§. 6—10 u. 21 R. G. Bl. 1870, S. 355). 1905.