Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

114 Das Staatsbürgerrecht. (S. 54.) 
die aktive Marine durch einjährig-freiwilligen Dienst, ohne zur Selbstbekleidung und 
Selbstverpflegung verpflichtet zu sein (Wehrordnung, §. 15, Ziff. 4). Nach Maßgabe 
ihrer Qualifikation sollen dieselben zu Unteroffizieren, Deckoffizieren oder Offizieren der 
Reserve resp. der Seewehr vorgeschlagen, beziehungsweise ernannt werden (§. 13, Ziff. 4 
a. a. O.). 
Die Dienstzeit in der aktiven Marine kann für Seeleute von Beruf und für das 
Maschinenpersonal! in Berücksichtigung ihrer technischen Vorbildung und nach Maßgabe 
ihrer Ausbildung für den Dienst auf der Kriegsflotte bis auf eine einjährige aktive 
Dienstzeit verkürzt werden (§F. 13, Ziff. 3, a. a. O.). 
Ferner sollen Seeleute, welche auf einem deutschen Handelsschiff angemustert (Wehrord- 
nung, §. 107, Ziff. 2; 108, Ziff. 4) und in Dienst getreten sind, in Friedenszeiten für 
die Dauer der Zeit, für die sie angemustert sind, von allen Militärpflichten befreit sein, 
haben diese jedoch nach ihrer Entlassung nachträglich vor neuer Anmusterung zu erfüllen 
(§. 13, Abs. 5); ebenso sollen Seeleute während des Besuches einer Navigations= oder 
Schiffsbauschule? nicht zum Dienst in der Marine herangezogen werden (§F. 13, Abs. 5, 
Wehrordnung, §. 15, Ziff. 6). 
II. Volksschullehrer und Kandidaten des Volksschulamtes, welche ihre Befähigung 
für das Schulamt in vorschriftsmäßiger Prüfung nachgewiesen haben — auch auf die 
bei Privatanstalten Angestellten finden diese Vorschriften „in der Regel“ Anwendung —, 
können nach kürzerer Einübung mit den Waffen, nämlich nach sechswöchentlicher aktiver 
Dienstleistung bei einem Infanterieregiment zur Verfügung der Truppenteile beurlaubt 
werden. Gibt der Bemlaubte seinen bisherigen Beruf gänzlich auf oder wird er aus 
dem Schulamte für immer entlassen, so kann er vor Ablauf des Jahres, in welchem er 
das 25. Lebensjahr vollendet, zum aktiven Dienste eingezogen werden (R. Mil. G., §. 51)." 
Die Entscheidung erfolgt im letzteren Fall durch die verstärkten Ersatzbehörden (R. Mil. 
G., §. 30. Vgl. auch Wehrordnung, §. 93, Ziff. 8). 
III. Junge Leute von Bildung, welche sich während ihrer Dienstzeit selbst bekleiden, 
ausrüsten und verpflegen 5, und welche die gewonnenen Kenntnisse in dem vorschrifts- 
mäßigen Umfange dargelegt haben, werden schon nach einer einjährigen Dienstzeit im 
stehenden Heere — vom Tage des Dienstantritts an gerechnet — zur Reserve beurlaubt." 
— — — 
  
1 Die Wehrordnung, §. 15, Ziff. 3, welche der Evangelischen Brüderunität zu Barthelsdorf 
die Bestimmung des §. 13, Ziff. 3 des G. v. bei Herrnhut verpflichteten Theologen kann auf 
9. Nov. 1867 im übrigen wiederholt, schaltet hierr Grund des §. 51 des Reichsmilitärgesetzes die Ver- 
die Worte: „sowie für Lotsen und Lotsen= günstigung einer kürzeren Militärdienstzeit unter 
knechte"“ ein. der Bedingung gewährt werden, daß dieselben 
Als Navigationsschulen im Sinne dieser ihre Befähigung für das Schulamt in vorschrifts- 
Bestimmung sind die öffentlichen Navigations= mäßiger Prüfung nachweisen (Restr. der M. 
schulen anzusehen, an deren Sitze von der Lan-d. Inn. und des Krieges v. 9. Mai 1876, M. 
desregierung eine Kommission für die Prüfung Bl. d. i. Verw. 1876, S. 143). 
der Seesteuerleute auf deutschen Kauffahrteischiffen 5 Nach der Wehrordnung, §. 94, Ziff. 11, 
eingesetzt ist Wehrordnung, §. 15, Ziff. 6). dürfen Freiwillige, welchen die Mittel zu ihrem 
* Die näheren Bestimmungen über Zeit und Unterhalte fehlen, ausnahmsweise mit Genehmigung 
Art der sechdwöchentlichen Dienstzeit geben die des Generalkommandos in die Verpflegung des 
Gencralkommandos. Von dem Berichterstatter Truppenteils unter Anrechnung auf den Etat 
Lasker wurde bezüglich dieser Bestimmung be= aufgenommen werden. Die Bestimmungen über 
merkt, daß durch dieselbe in keiner Weise ausge- Bekleidung, Verpflegung und Ausrüstung der 
sprochen werden solle, daß zur Beurlanbung Einjährig-Freiwilligen, sowie über Beritien- 
während der dreifährigen Dienptpflicht eine gesev machung derselben, sind in der Heerordnung ent- 
liche Ermächtigung für die Behörde notwendig halten. 
sei, aber die Kommission sei in Ubereinstimmung * Diese Verkürzung der aktiven Dienstpflicht 
mit der Militärverwaltung der Ansicht gewesen, hat auf die Dauer der Gesamtdienstzeit keinen 
dass da, wo für ganze Kategorien außerhalb Einfluß. Die Einjährig- Freiwilligen gehören da- 
der gewöhnlichen Regel der Beurlaubung ein be= her nach ihrer Entlassung aus dem aktiven Dienste 
sonderer Grund der Beurlaubung gestattet werden 6 Jahre der Reserve und 5 Jahre der Landwehr 
soll, eine gesenliche Ermächtigung gegeben werden an. Vgl. die Motive zum §. 11 des Entw. 
müsse Stenogr. Ber. des Reichstages 1874, des G. v. 9. Nov. 1867, Stenogr. Ber. des 
Bd. 11, S. 87.). Reichstages 1867, BMd. II, Aktenst. Nr. 18, S. 56. 
* Den zur Dienstleistung an den Ortsschulen Vgl. überhaupt Laband, B0d. IV, S. 170 fl. 
 
	        
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