Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Wehrpflicht. (F. 54.) 115 
Sie können nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten und Leistungen zu Offizierstellen der Reserve 
und Landwehr vorgeschlagen werden 1 (G. v. 9. Nov. 1867, §S. 11). 
Für den einjährig-freiwilligen Dienst gelten im einzelnen folgende Vorschriften (Wehr- 
ordnung, §88S. 88—94): 
1. Die zum einjährig-freiwilligen Dienste Berechtigten haben die Verpflichtung, sich 
spätestens zum 1. Okt. desjenigen Jahres, in welchem sie das 23. Lebensjahr vollenden, 
zum Dienstantritte zu melden. Ausnahmsweise kann ihnen über diesen Zeitpunkt 
hinaus Aufschub gewährt werden.: Bei ausbrechendem Kriege müssen sich alle zum ein- 
jährig-freiwilligen Dienste Berechtigten, welche bereits in das militärpflichtige Alter ein- 
getreten sind, auf öffentliche Aufforderung sofort zum Heeresdienste stellen 3 (§. 14, Abs. 1 
a. a. O. u. §. 14, Abs. 1 des R. G. v. 6. Mai 1880). Wer die rechtzeitige Meldung 
zum Dienstantritte versäumt, verliert die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienste; 
nach Befinden der Ersatzbehörde kann ihm die Berechtigung wieder verliehen werden? 
(8. 14, Abs. 2 des R. Mil. G. v. 2. Mai 187 4 u. §. 14, Abs. 2 des R. G. v. 6. Mai 1830). 
2. Den Freiwilligen steht die Wahl des Truppenteiles, bei welchem sie ihrer aktiven 
Dienstpflicht genügen wollen, innerhalb des ganzen Reiches einschließlich Bayerns frei? 
(G. v. 9. Nov. 1867, §. 17, Abs. 2). Auch in den afrikanischen Schutztruppen ist 
in Konsequenz des S. 105 angegebenen Grundsatzes durch das Gesetz die Möglich- 
keit eröffnet worden, der Wehrpflicht in der Form des einjährig-freiwilligen Dienstes zu 
genügen; die näheren Vorschriften sind kaiserlicher Verordnung vorbehalten. Durch solche 
ist bis jetzt nur in der Schutztruppe für Südwestafrika der einjährig-freiwillige Dienst 
eingerichtet worden. Die Einstellung erfolgt durch den Kommandeur der Schutztruppe."“ 
3.Einjährig-Freiwillige, welche während ihrer aktiven Dienstzeit mit Versetzung 
in die zweite Klasse des Soldatenstandes bestraft werden, verlieren die Eigenschaft als 
Einjährig-Freiwillige und den Anspruch auf Entlassung nach einjähriger Dienstzeit! 
(R. Mil. G., §. 50, Abs. 4). Ebenso geht die Berechtigung verloren, wenn Berechtigte 
  
1 Uber die dienstliche Ausbildung und über die Ziff. 3. Wenn der Truppenteil, in welchem ein 
Beförderung der Einkährig-Frezwikligen zu Offi= Einjährig-Freiwilliger dient, in Friedenszeiten in 
zieren enthält die Heerordn. die näheren Vorschriften. eine andere Garnison verlegt wird, so wird der 
: Über Zurückstellung der Einjährig-Frei= Freiwillige auf seinen Wunsch zu einem in der 
willigen Wehrordnung, §. 29, Ziff. 4c, Ziff 7, Garnison oder in der Nähe derselben verbleiben- 
§. 93. Sie müssen sich ¾zr- der Ersatzkommission den Truppenteile versetzt (g. 94, Ziff. 10, a. a. 
ihres Gestellungsortes schriftlich oder mündlich O.). Das R. G. v. 6. Mai 1880 hat im Art. 
melden und unter Vorlegung ihres Berechtigungss U, §. 14, Abs. 4 bestimmt, daß die Truppen der 
scheines ihre Zurückstellung von der Aushebung Feldartillerie und des Trains in Orten, wo außer- 
beantragen, worauf sie bis zum 1. Okt. ihres dem Truppen zu Fuß garnisonieren, nur insoweit 
vierten Militärpflichtjahres zurückgestellt werden zur Annahme Einjährig-Freiwilliger verpflichtet 
können; eine weitere Zurückstellung durch die sind, als die Zahl von vier Einjährig-Freiwilligen 
Ersatzkommission ist nur ausnahmsweise zu= bei jeder Batterie und Kompagnie nicht überschritten 
lässig und muß rechtzeitig bei derjenigen Ersatz= wird (Wehrordnung, §. 94, Ziff. 3). 
kommission nachgesucht werden, welche die erste * Kais. V. v. 30. Märg 18971 (R. G. B. 167) SS.3 
Zurückstellung verfügt hat. Wehrordnung, §. 933, 4;s. Zorn, Kolonialgesetzgeb., S. 221; über Kiau- 
Ziff. 2—4). Bezüglich der Berücksichtigung bürger- tschou s. S. 105, N. 4, ferner 3. B. 1900, S. 311. 
licher Verhältnisse finden die allgemeinen Be- Die aktive Dienstzeit wird in diesem Falle 
stimmungen der s§s§. 19 ff. des Reichsmilitär= nach dem Grundsatze des §. 6 des G. v. 9. Nov. 
gesetzes v. 2. Mai 1874 auch auf die zum ein= 1867 dahin berechnet, daß diejenigen, welche in 
jährig freiwilligen Dienste Berechtigten Anwen= der Zeit vom 2. Okt. bis 31. März eingestellt 
dung (Wehrordnung, §. 93, Ziff. 7). worden sind, als vom vorhergehenden 1. Okt. 
* Nach Eintritt einer Mobilmachung verlieren eingestellt gelten (2 Wehrordnung, §. 8, Ziff. 2.. 
alle Zurückstellungen ihre Gültigkeit; sie können Zum einjährig-freiwilligen Dienste Berechtigte, 
jedoch durch die Ersatzkommission von neuem aus= welche nach Erteilung dieser Berechtigung wegen 
gesprochen werden (Wehrordnung, §. 93, Ziff. 5 strafbarer Handlungen verurteilt werden, die, 
§. 29, Ziff. 8). wenn sie während ihrer aktiven Dienstzeit be- 
* Die Wiederverleihung nach gewährter Zu# gangen, ihre Versetzung in die zweite Klasse des 
rückstellung darf nur ausnahmsweise und nur! Soldatenstandes zur Folge gehabt haben würden, 
durch die Ersatzbehörde dritter Instanz erfolgen verlieren durch Emicheidung der Ersatzbehörden 
(Wehrordnung, §. 93, Ziff. 8). dritter Instanz die Verechtigung zum einlährig 
5 Bezüglich der Grenzen dieses Wahlrechtes freiwilligen Dienste Wehrordnung, §S. 93, Ziff. 
vgl. die Bestimmungen der Wehrordnung, §. 91, 9/. Ergibt sich bei der Meldung von Freiwilligen 
8 * 
 
	        
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