Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Wehrpflicht. (8. 54.) 123 
bezirke sind.! Die Landwehrbezirke sind in Rücksicht auf die Ersatzangelegenheiten in 
Aushebungsbezirke und diese letzteren — wenn nötig — in Musterungsbezirke eingeteilt.? 
Die Durchführung der Heeresergänzung nach Maßgabe der vorstehend (unter 1) 
entwickelten allgemeinen Grundsätze liegt ausschließlich und ohne Zulassung irgend 
einer anderen Behörde in definitiver Entscheidung den Ersatzbehörden ob. 
Für die Zusammensetzung dieser mit der Heeresergänzung beauftragten Behörden und für 
das Verfahren vor denselben sind die in §. 30 des Reichsmilitärgesetzes, dazu Wehr- 
ordnung, §. 2, enthaltenen Vorschriften maßgebend. 
a) Die Einrichtung der Ersatzbehörden hat sich an die in §. 5 des Reichsmilitär= 
gesetzes vorgeschriebene Einteilung des Reichsgebietes in Militärbezirke anzulehnen (§. 30, 
Ziff. 1 des R. Mil. G.). Der Landwehrbezirk bildet entweder ungeteilt den Aushebungs- 
bezirk oder zerfällt in mehrere Aushebungsbezirke, deren Umfang und Größe sich nach 
der Beschaffenheit und Seelenzahl der entsprechenden Zivilverwaltungsbezirke bestimmt? 
(§. 30, Ziff. 2 a. a. O.). 
b) Die mit den ständigen Geschäften der Heeresergänzung betrauten Behörden sind: 
1. für den Aushebungsbezirk die Ersatzkommission, bestehend aus einem Offizier, in 
der Regel dem Landwehrbezirkskommandeur, und einem Verwaltungsbeamten des Bezirkes, 
oder wo ein solcher Beamter fehlt, einem besonders zu diesem Zwecke bestellten bürger- 
lichen Mitgliede; 2. für den Infanteriebrigadebezirk die Oberersatzkommission, be- 
stehend aus einem höheren Offizier, in der Regel dem Infanteriebrigadekommandeur, und 
einem höheren Verwaltungsbeamten; 3. für den Armeekorpsbezirk als dritte Instanz 
der kommandierende General des Armeekorps in Gemeinschaft mit dem Chef einer Pro- 
vinzial- oder Landesbehörde, sofern nicht hierfür in einzelnen Bundesstaaten besondere 
Behörden bestellt sind"; 4. für die oberste Leitung der Heeresergänzung die zuständigen 
Kriegsministerien in Gemeinschaft mit den obersten Zivilverwaltungsbehörden der einzelnen 
Bundesstaaten (§. 30, Ziff. 3 a. a. O.), die sog. Ministerialinstanz.5 Den Kern- 
punkt der Organisation bildet die Oberersatzkommission für den Brigadebezirk als die 
Behörde, welcher die eigentliche Aushebung der Rekruten obliegt. 
  
1 Die Landwehrbezirkseinteilung für das Deut= waltungseinteilung der Bundesstaaten, insofern 
sche Reich ergibt sich aus der Anlage I zum §S. 1 |sie auf den Inhalt der dem §. 1 als Anlage 
der Wehrordnung. (Z. Bl. 1901, Beil. zu Nr. beigefügten „Landwehrbezirkseinteilung für das 
32, S. 141 ff.). Deutsche Reich'“ von Einfluß sind, seitens der 
2 R. Mil. G., §. 30; Wehrordnung, E. 1. Bundesregierungen usw. dem Reichskanzler zum 
„ Wehrordnung, §. 1, Ziff. 5: „In den= 1. Dezember jeden Jahres behufs Veröffentlichung 
jenigen Staaten, in welchen eine Kreiseinteilung im Zentralblatt für das Deutsche Reich mitzu- 
besteht, bildet in der Regel jeder Kreis einen teilen sind. 
Aushebungsbezirk. Größere Kreise können je- 4 S. das Verzeichnis Wehrordnung, §. 2, 
doch auch in mehrere Aushebungsbezirke geteilt 
werden. Städte, welche keinen eigenen Kreis 
bilden, sind in Hinsicht des Ersatzgeschäftes 
von dem Kreise, welchem sie angehören, in der 
Regel nicht zu trennen. Städte, welche einen 
eigenen Kreis bilden, dürfen nur ausnahmsweise 
in verschiedene Aushebungsbezirke zerlegt werden. 
Macht die Höhe der Einwohnerzahl solche Teilung 
erforderlich, so ist dieselbe nicht räumlich, sondern 
derart zu bewirken, daß die Wehrpflichtigen nach 
den Anfangsbuchstaben der Familiennamen ge- 
teilt werden. In denjenigen Bundesstaaten, in 
welchen eine Kreiseinteilung nicht besteht, werden 
die vorhandenen Verwaltungeobezirke zu Aus- 
hebungsbezirken derart zusammengelegt, daß let#tere 
im allgemeinen nicht weniger als 30000, und 
nicht mehr als 70000 Seelen umfassen. Die 
Festsetzung der Aushebungsbezirke unterliegt der 
Genehmigung der Ersatzbehörde dritter Instanz, 
die der Musterungsbezirke derjenigen der zu- 
ständigen Oberersatzkommission“. Unter Ziffer 6 
fügt der §. 1 hinzu, daß Anderungen in der Ver- 
  
Ziff. 3; für Hessen der Divisionskommandeur. 
5 Die näheren Bestimmungen über die Zu- 
sammensetzung der Ersatzbehörden vgl. in der 
Wehrordnung, §. 2, und für das Ersatzgeschäft 
im Kriege ebendas., §. 95. Die bürgerlichen 
Mitglieder der Ersatzkommission und der Oberer- 
satzkommission werden nebst einer gleichen Anzahl 
von Stellvertretern auf drei Jahre gewählt, bezw. 
ernannt. Ist in volksreichen Aushebungsbezirken 
eine größere Anzahl Stellvertreter erforderlich, so 
wird dieselbe durch die in dritter Instanz fun- 
gierende Zivilbehörde bestimmt, der auch die 
Regelung des Wahlverfahrens obliegt. Das 
bürgerliche Mitglied der Oberersatzkommission darf 
nicht zugleich Mitglied einer Ersatzkommission 
sein. (Wehrordnung, §. 2, Ziff. 67. Uber die 
Ministerialinstanz des preuß. Kriegoministeriums 
„im Verein mit den obersten Zivilverwaltungs- 
behörden der betr. Bundesstaaten“ bezw. das 
bayrische, sächsische, württembergische Kriegsmi- 
nisterium die näheren Angaben in Wehrordnung, 
F. 2, Ziff. 2.
	        
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